Deutsche Tourismusanalyse 2025
Krisenstimmung – aber nicht auf Reisen
Kernergebnisse
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- Reisefrequenz steigt weiter an
- Reisedauer wie vor 20 Jahren
- Urlaubsausgaben auf Rekordhoch
- Tageskosten sind gesunken
- Deutschland bleibt das beliebteste Reiseziel
- Spanien auf Platz 1 bei den europäischen Reisezielen
- Fern- und Südostasien auf Platz 1 bei den Fernreisen
- Lieber neue, statt bekannte Ziele
- Reiseabsichten nehmen zu
- Reiseziele 2025: Zwischen Heimatliebe und Fernweh
- Frühbuchen ist in
Die aktuellen Zahlen zum Reiseverhalten der Bundesbürger stehen in einem bemerkenswerten Kontrast zur allgemeinen Stimmungslage im Land. Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten, gesellschaftlicher Spannungen und einer insgesamt pessimistischen Grundhaltung steigt die Reisefrequenz weiter an. Zu diesem Ergebnis kommt die 41. Deutsche Tourismusanalyse der gemeinnützigen BAT-Stiftung für Zukunftsfragen. Für die repräsentative Untersuchung wurden über 3.000 Bundesbürger ab 18 Jahren zu ihrem Reiseverhalten und ihren Reiseabsichten befragt.
Reisefrequenz
Im Jahr 2024 unternahmen 63 Prozent eine mindestens fünftägige Reise, womit dieser Wert nahezu den historischen Höchststand von 65 Prozent im Jahr 2006 erreicht. Im Vergleich zum Vorjahr 2023 entspricht dieses einer Zunahme von zwei Prozentpunkten.
Reisedauer
Die durchschnittliche Urlaubsdauer lag im Jahr 2024 bei knapp 13 Tagen und übertraf damit leicht den Wert des Vorjahres. Betrachtet man jedoch den langfristigen Trend der vergangenen 20 Jahre, zeigt sich eine bemerkenswerte Konstanz. Abgesehen von den pandemiebedingten Einschränkungen im ersten Coronajahr blieb die Reisedauer über die Jahre weitgehend stabil.
„Die Unterschiede lassen sich vor allem durch die Entfernung und den Aufwand der Anreise erklären“, so der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Professor Dr. Ulrich Reinhardt. „Ziele in Deutschland oder den Nachbarländern ermöglichen kürzere Haupturlaube, da sie schnell erreichbar sind und dennoch Erholung bieten. Kroatien und Italien profitieren von ihrer guten Erreichbarkeit mit dem Auto, was etwas längere Aufenthalte begünstigt. Typische Flugreiseziele wie Spanien oder Griechenland werden hingegen für ausgedehntere Urlaube gewählt, da Reisende die teurere Anreise durch eine längere Verweildauer kompensieren möchten. Fernreisen schließlich stehen für ein besonderes Erlebnis, das durch die lange Anreisezeit und höhere Kosten eine entsprechend ausgedehnte Aufenthaltsdauer rechtfertigt“.
Reisekosten
Die durchschnittlichen Urlaubskosten beliefen sich im Jahr 2024 auf 1.544 Euro pro Person und blieben damit nahezu auf dem Niveau des Vorjahres, liegen jedoch fast 50 Prozent über dem langjährigen Durchschnitt.
Innerhalb Europas bestehen jedoch erhebliche Preisunterschiede: Während Reisen in die Benelux-Staaten oder nach Österreich vergleichsweise erschwinglich bleiben, schlagen klassische Flugreiseziele wie Spanien, die Türkei oder Griechenland deutlich stärker zu Buche.
Besonders hohe Ausgaben entstehen bei Fernreisen, die nicht nur durch längere Aufenthalte, sondern auch durch höhere Flugpreise und oftmals kostspieligere Unterkünfte geprägt sind.
Inlandsreiseziele
Auch im Jahr 2024 blieb Deutschland die beliebteste Destination der Bundesbürger mit einem Anteil von 36 Prozent aller Urlaubsreisen.
Besonders beliebt war erneut Bayern, das sich als Spitzenreiter unter den Bundesländern behauptete.
Als einziges der fünf meistbesuchten Bundesländer konnte Baden-Württemberg seinen Anteil im Zehnjahresvergleich signifikant steigern. Gleichzeitig verzeichneten auch die übrigen elf Bundesländer mehr Gäste, was auf eine zunehmende Diversifizierung der innerdeutschen Reiseziele hindeutet.
Professor Reinhardt: „Klassische Reiseziele wie die Nord- und Ostseeküste oder die Alpenregion bleiben zwar weiterhin beliebt, doch gewinnen weniger bekannte Destinationen zunehmend an Bedeutung. Immer mehr Bürger entscheiden sich bewusst für neue Orte abseits der stark frequentierten Feriengebiete und setzen auf individuellere Reiseerlebnisse.“
Europäische Reiseziele
Die Ergebnisse für europäische Reiseziele im Jahr 2024 zeigen eine deutliche Verschiebung der Präferenzen im Vergleich zu 2014 und in Teilen auch zu 2023. Während Spanien weiterhin das beliebteste Urlaubsland der Deutschen bleibt, liegt sein aktueller Wert spürbar unter dem Niveau von 2014. Italien verzeichnet hingegen kaum Veränderungen und hält seine stabile Position.
Ein besonders dynamisches Bild zeigt sich bei der Türkei, deren touristische Nachfrage einer Achterbahnfahrt gleicht – zuletzt jedoch mit einem deutlichen Aufwärtstrend. Skandinavien konnte das hohe Niveau des Vorjahres nahezu halten und Griechenland verzeichnete dank signifikant gesunkener Tageskosten einen klaren Zuwachs, ebenso wie Österreich.
Diese Entwicklungen verdeutlichen, wie stark Reiseentscheidungen von temporären Faktoren wie Preisentwicklungen, geopolitischen Schlagzeilen, Wetterbedingungen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflusst werden.
Fernreiseziele
Die Beliebtheit von Fernreisezielen blieb auch im Jahr 2024 auf hohem Niveau, wobei sich die Präferenzen innerhalb der Regionen leicht verschoben haben.
Reiseabsichten
Trotz globaler Krisen und Unsicherheiten bleibt die Reiselust der Bundesbürger ungebrochen und behält auch 2025 seinen festen Stellenwert im Alltag. Bereits jetzt planen zwei Drittel der Bevölkerung sicher, in diesem Jahr mindestens eine Reise zu unternehmen. Dieses entspricht einem Zuwachs von 20 Prozent im Vergleich zu vor 20 Jahren. Während die Zahl der Unentschlossenen im Jahresvergleich konstant bleibt, zeigt sich langfristig ein deutlicher Rückgang, was auf eine zunehmende Entschlossenheit und Priorisierung von Reisen hindeutet.
Professor Reinhardt: „Reisen wird auch 2025 von den meisten Bundesbürgern als essenzieller Bestandteil des Lebens gesehen. Für sie ist Urlaub nicht nur Erholung, sondern auch eine bewusste Auszeit vom belastenden Alltag – ein Ventil in einer Zeit, die von Pessimismus und negativen Schlagzeilen geprägt ist, sowie ein Ausdruck von Resilienz und dem Bedürfnis nach Normalität.“
Buchungsverhalten
Mehr als jeder Dritte plant und bucht seinen Urlaub möglichst früh. Reinhardt erklärt: „Eine frühzeitige Organisation ermöglicht nicht nur eine bessere Kontrolle über die Reisegestaltung, sondern verlängert auch die Phase der Vorfreude. Für viele ist die Planung ein Teil des Urlaubserlebnisses, da sie Erwartungen schürt und die Reise gedanklich bereits erlebbar macht. So beginnt die Erholung nicht erst vor Ort, sondern schon weit im Voraus als Quelle positiver Emotionen.“
Methode:
Befragungsinstitut GfK | Feldzeit Dezember 2024 / Januar 2025 | 3.000 Befragte im Alter von 18-74 Jahren | Online