Fernsehen vertreibt Vereinsamung
Fast jeder zweite Bundesbürger nutzt den Fernseher als Ersatz für Kontakte und Gesprächspartner
Vor dem Fernseher sind die Bundesbürger am einsamsten. Immer dann, wenn sie in den eigenen vier Wänden mit sich und dem Fernseher allein sind, wächst die Einsamkeit: 44 Prozent fühlen sich am Feierabend und Wochenende vereinsamt, wenn sie „allein vor dem Fernseher sitzen“. Nach einer Repräsentativumfrage des BAT Freizeit-Forschungsinstituts sind die Ein-Personen-Haushalte von der „Fernseh-Vereinsamung“ am meisten betroffen. Über zwei Drittel (68 %) der Alleinstehenden klagen in solchen Situationen über Vereinsamung, fühlen sich verlassen, traurig und zum Teil depressiv – die Frauen mehr als die Männer, die ältere Generation deutlich mehr als die jüngere.
„Häufiges Fernsehen spiegelt wachsende Vereinsamung wider, verursacht sie aber nicht. Für viele Menschen, insbesondere für Alleinstehende und alte Menschen, ist das Fernsehen zum Ersatz für fehlende Kontakte und Gesprächspartner geworden. TV und Telefon helfen zeitweilig über Probleme hinweg, können sie aber nicht lösen. Hohe Einschaltquoten sagen manchmal mehr über Kontaktarmut als über bloße Zerstreuungsbedürfnisse aus.“
Nach der neuen BAT Umfrage fühlt sich jeder dritte Bundesbürger (35 %) in Freizeitsituationen vereinsamt, „wenn niemand da ist, der die gleichen Freizeitinteressen teilt“. Immer mehr Menschen leben allein, aber immer weniger Menschen können allein leben. Für sie bleibt als Ausweg nur die Kontaktaufnahme aus zweiter Hand (über Fernseher, Video oder Homecomputer) oder die Fluchtbewegung nach draußen (durch Wandern, Spazierengehen oder Ausgehen).
„Für jeden vierten Bundesbürger drohen hingegen Feierabend und Wochenende zu Problemzeiten zu werden, wenn man „keine Aufgabe“ hat und „mit sich selber nichts anfangen“ kann. Langeweile, Leere und innere Vereinsamung in der Freizeit gehören unmittelbar zusammen. Zerstreuung, Unterhaltung und organisiertes Freizeitvergnügen sollen oft nur von eigenen Unzulänglichkeiten ablenken. Das wachsende Unterhaltungsbedürfnis vor allem der Fernsehkonsumenten ist weniger ein Ausdruck des Wunsches nach Amüsement als vielmehr der Enttäuschung über das Fehlen menschlicher Kontakte. Medienkontakte werden ersatzweise gesucht, damit aus der situativen keine chronische Einsamkeit wird. Fernsehen vertreibt Vereinsamung. Aber Fernsehen ist nur ein scheinbarer Problemlöser, weil es die Konsumenten mit sich und ihren Problemen allein läßt. Es mildert zwar die Angst vor dem Alleinsein, aber es verhindert auch das problemlösende Nachdenken über sich selbst.“