Chart der Woche Spezial | Vorbild-Mangel: German Mut statt German Angst
Chart der Woche, 2023-KW19
11. Mai 2023
Chart der Woche Spezial-Edition
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VIELE WÜNSCHEN SICH MEHR, DOCH ES WERDEN IMMER WENIGER
Die Frage nach Vorbildern und ihrer Bedeutung für die Gesellschaft ist keine neue. Doch gerade in Zeiten großer Veränderungen, Verunsicherung und Herausforderungen kommt ihr eine besondere Bedeutung zu. Vorbilder können dabei helfen, eine klare Orientierung zu geben und den Weg in eine positive Zukunft zu weisen. Jedoch herrscht eine große Diskrepanz zwischen dem Wunsch nach mutigen Vorbildern und der erlebten Realität. Im Zusammenhang mit einem mutigen Verhalten hoffen die Bürger auf Vorbilder aus dem engen Familienverband, der eigenen Lebenswelt, aus sozialen Organisationen und institutionellen Bereichen. Am größten ist hierbei die Sehnsucht nach Vorbildern in der Politik. So sollen politische Vorbilder über die eigenen Interessen hinausgehen und innovative Lösungswege aufzeigen. Gerade in unsicheren Krisensituationen hofft man auf Entscheidungsträger, die mit Weitsicht, Überzeugung, Zuversicht und Tatkraft die Bürger durch ihr Verhalten inspirieren. Dabei sollen sie nicht nur nachahmenswert für die eigene Lebenswelt sein, sondern auch eine Signalwirkung für die Gesellschaft haben.
DISKREPANZ ZWISCHEN WUNSCH UND REALITÄT
Allerdings zeigt sich in der Realität ein großer Unterschied zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Lediglich jeder Zehnte erkennt bei Politikern ein mutiges Agieren und sieht sie als eine positive Inspiration. Bemängelt werden fehlende klare Positionierungen, sowie Aussagen und Handlungen die optimistisch in die Zukunft weisen, statt sich einseitig nur auf Probleme oder negative Perspektiven zu fokussieren. Insgesamt vermitteln die meisten Politiker für breite Bevölkerungsgruppen ein Bild, welches dem Mut entgegensteht und gekennzeichnet ist von Unsicherheit, Unentschlossenheit, Intransparenz oder Parteipolitik.
Neben Politikern sieht fast die Hälfte der Bevölkerung aber auch sich selbst und jeden anderen Bürger in der Pflicht ein mutiges Vorbild zu sein. Hier zeigt sich ein hohes zivilgesellschaftliches Bewusstsein, indem kein alleiniger Fokus auf Autoritäten gelegt wird, sondern den nicht-öffentlichen Individuen der Gesellschaft die Fähigkeit zugesprochen wird, eine Vorbildfunktion zu übernehmen. Mit dem Zuspruch dieser Fähigkeit geht jedoch auch die Aufforderung und Erwartung einher, sich mutig zu verhalten. Konkret wünschen sich die Bürger diesen Mut z.B., wenn es darum geht, Zivilcourage und Eigeninitiative zu zeigen, Verantwortung zu übernehmen oder seine eigene Überzeugung zu vertreten. Jedoch erfüllt sich auch dieses große Potential des Mutes derzeit nur sehr bedingt. Lediglich jeder Zehnte sieht die Menschen in Deutschland als mutige Vorbilder agieren.
Enttäuscht zeigen sich viele Bürger von „den Anderen“. Getragen wird diese Wahrnehmung durch ein diffuses Gefühl des Misstrauens, der Unsicherheit, der Angst und des Pessimismus in der Gesellschaft. Ein Bild der Schicksalsergebenheit entsteht, ohne Engagement, ohne Veränderungschance, ohne Perspektive, ohne Hoffnung und positive Energie.
VORBILDER AUS DEM EIGENEN UMFELD GEFRAGT
Zwei von fünf Bürgern nennen auch Personen aus der eigenen Lebenswelt als potenziell mutige Vorbildcharaktere. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Autoritätspersonen, zu denen man in einem direkten Verhältnis steht, zum Beispiel aus dem beruflichen und schulischen Umfeld, wie Vorgesetzte und Lehrer. Diese Personen zeichnen sich dann als Vorbild aus, wenn sie in ihrem Verhalten eine hohe Motivation und Wertschätzung dem anderen gegenüber aufweisen. Als mutig werden sie wahrgenommen, wenn sie sich für ihre Mitarbeiter oder Schüler einsetzen, klare Überzeugungen vertreten und unpopuläre Entscheidungen authentisch vertreten können. Diese Eigenschaften sind es dann auch, die als nachahmenswert empfunden werden. Durch die besondere Balance von Nähe und Distanz besteht bei diesen Vorbildern eine hohe Identifikationsmöglichkeit und die Option herauszufinden, was sowohl auf individueller als auch gesellschaftlicher Ebene möglich ist.
Diesen Anspruch können nur wenige Lehrer und Vorgesetzte erfüllen und nur jeder zehnte Bürger fühlt sich von ihnen inspiriert. Bei beiden Personen-/Berufsgruppen fehlen im Zusammenhang mit Mut vor allem Führungsqualitäten, die sich in Engagement, Optimismus und Entschlossenheit äußern.
FAZIT
Es herrscht ein Mangel an mutigen Vorbildern in der Gesellschaft. Um der Gefahr einer pessimistische Grundstimmung und dem Gefühl einer Schicksalsergebenheit zu begegnen ist jeder Einzelne gefordert Verantwortung zu übernehmen und sich mutig Herausforderungen zu stellen, um ein Vorbild für andere zu sein und damit einen positiven Beitrag für die Zukunft des Gesellschaft zu leisten.
Weitere Forschungsergebnisse aus unserer Publikation finden Sie in unserem neuen Forschung aktuell – 300.