Das Comeback der guten Nachbarn?
Chart der Woche, 2022-KW42
17. Oktober 2022
Ergebnis
Vor knapp zehn Jahren wünschten sich etwa zwei Drittel der Bundesbürger eine Renaissance der Nachbarschaft. Gegenwärtig sind es fast neun von zehn, die den Wunsch nach einer offenen und hilfsbereiten Nachbarschaft verspüren. Allen voran schätzen Jungsenioren und Ruheständler ein freundliches Miteinander und legen viel Wert auf Hilfsbereitschaft. Aber auch in allen anderen Lebensphasen ist der Stellenwert des unmittelbaren Wohnumfeldes hoch – völlig unabhängig ob Single-, Zweiparteien- oder Familienhaushalt, alle wollen Kontakt zu den Nachbarn.
Gründe
In Zeiten gefühlter Unsicherheit und gefördert durch den demografischen Wandel (Versingelung und kleinere Familienstrukturen) wächst bei vielen Bürgern wieder das Bedürfnis nach überschaubaren, nahräumlichen Beziehungen gepaart mit der Sehnsucht nach Verbindlichkeiten, Gemeinschaft und Zusammenhalt.
Neben dem Gemeinschaftsgedanke spielen mitunter aber auch finanzielle Gründe eine Rolle: Gemeinschaftsräume bei einem Wohnprojekt, das Nutzen statt Besitzen in einer WG oder die gegenseitige Unterstützung in einem Mehrgenerationenhaus.
Die Corona Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben das Bedürfnis nach einem stärkeren Zusammenhalt in der Nachbarschaft noch einmal verstärkt. Gemeinsam statt Einsam wollen die Bürger die Herausforderungen der Gegenwart bestehen und sind hierfür bereit selbst aktiv zu werden.
Prognose
Die Jahrzehnte der Individualisierung nähern sich ihrem Ende und Gemeinschaft sowie Zusammenhalt erleben ein Comeback. Und je stärker Institutionen wie Parteien, Vereine, Kirche oder Medien an Bedeutung und Glaubwürdigkeit verlieren, desto wichtiger wird die Nachbarschaft.
Die Bürger leben und erleben im direkten Wohnumfeld eine neue Art der Solidarität auf der Basis von Hilfsbereitschaft und Freundschaft. Gegenseitige Unterstützung findet wieder häufiger statt, getreu dem Grundsatz: „Ich helfe dir, dann wird auch mir geholfen“.
Durch immer weniger Angehörige vor Ort, wird die Nachbarschaft zu einer Art Ersatzfamilie und übernimmt deren Aufgaben – diese reichen vom sozialen Austausch bis zur Unterstützung im Bedarfsfall.