Urlaubswünsche 1986: „Zurück zu Sonne, Ruhe und Natur!“ 

Der Freizeitbrief, 47

10. Februar 1986

(inkl. Grafiken wenn vorhanden)

Urlaubswünsche 1986: „Zurück zu Sonne, Ruhe und Natur!“

Was die Urlauber am wenigsten beeinflussen können, darauf kommt es ihnen am meisten an: 27 Millionen Bundesbürger ab 14 Jahre (56%) wünschen sich für ihren nächsten Urlaub in erster Linie gutes Wetter. An der Spitze der Urlaubswünsche der Deutschen stehen Sonne, Ruhe und Natur. Wie aus der neuen Repräsentativstudie des BAT Freizeit-Forschungsinstituts zum Thema „Urlaub 85/86“ hervorgeht, sind Sport, Komfort und Bildung 1986 weniger gefragt.

Die Sehnsucht nach Sonne überstrahlt alle anderen Urlaubswünsche. Allerdings läßt die Sehnsucht mit zunehmendem Alter nach. Für fast zwei Drittel (64 %) der jüngeren Generation unter 35 Jahren ist ein gelungener Urlaub ohne gutes Wetter unvorstellbar. Die mittlere Generation der 35- bis 55-jährigen favorisiert hingegen nur zu 58 Prozent den Wunsch nach Sonne. Und bei den über 55-jährigen werden das Bedürfnis nach Erholung (45 %) und die Suche nach Natur (39 %) fast genauso wichtig wie der Wunsch nach Sonne und gutem Wetter (44 %).

An zweiter Stelle der Wünsche für den nächsten Urlaub steht 1986 das Bedürfnis nach Ruhe und Entspannung. 53 Prozent der Deutschen wollen im nächsten Urlaub erst einmal abschalten, sich entspannen und erholen – die Verheirateten deutlich mehr (59 %) als die Ledigen (42 %), die Frauen(55 %) mehr als die Männer (50 %) und die Berufstätigen (59 %) mehr als die Nichtberufstätigen (52 %). Anspannung, Streß und Hektik in Beruf und Freizeitalltag sind die Hauptursachen für die wachsende Bedeutung der Entspannungsfunktjon des Urlaubs bei allen Bevölkerungsgruppen.

Veränderte Urlaubswünsche – andere Urlaubsangebote

„Ein Wandel des Urlaubserlebens zeichnet sich ab“, so Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, der Leiter des BAT Freizeit- Forschungsinstituts . „Wenn Sonne, Natur und Ruhe wieder wichtiger werden, der Kontrast zum Alltag gesucht wird, aber auch die Urlaubsfreude nicht zu kurz kommen soll, dann hat dies Auswirkungen auf das gesamte Urlaubsangebot: Wetterunabhängigkeit und Naturnähe müssen gesichert, mehr psychisch entspannende als sportlich aktivierende Programme angeboten werden. Der nichtalltägliche Ereignischarakter und der nachhaltige Erlebnischarakter des Urlaubs werden stärker gefordert sein.“ Mit den neuen Ansprüchen an die Qualität des Urlaubs werden sich auch traditionelle Urlaubswünsche nach Komfort, Luxus und Prestige, nach Unterhaltung, Bildung und sportlicher Betätigung verändern.

Prestigebedürfnisse und Komfortwünsche verlieren an Bedeutung, Urlaub ist zum Allgemeingut geworden. Der Prestigecharakter des Urlaubs verliert an Bedeutung. In der subjektiven Sicht der Bevölkerung können sich heute „fast alle“ eine Urlaubsreise leisten. Infolgedessen verlagern sich Prestigegesichtspunkte zunehmend auf andere Freizeitbereiche (z. B. Tennis, Golf, Fitness).1985 legte noch jeder fünfte Bundesbürger (21 %) besonderen Wert darauf, sich im Urlaub „etwas leisten zu können“. In diesem Jahr ist der Anteil auf 15 Prozent gesunken.

Lediglich die Bevölkerungsgruppen, die sich von ihrer durchschnittlichen Einkommenshöhe her eigentlich am wenigsten leisten könnten, legen persönlich am meisten Wert darauf, sich vor allem im Urlaub etwas leisten zu können. Dazu gehören die Personen mit Volksschulbildung (19 %), die Arbeiter (19 %) und die Bewohner in Nordrhein-Westfalen (19 %), ganz im Gegensatz etwa zu den Leitenden Angestellten und Beamten (8 %) und den Befragten mit Abitur oder Hochschulabschluß (5 %).

Auch die allgemeinen Komfortwünsche („Sich verwöhnen lassen“) sind von 22 Prozent (1985) auf 19 Prozent (1986) zurückgegangen, besonders bei den Männern (17 %). Hingegen ist für jede vierte Frau (26 %) das Sich-verwöhnen-Lassen die wichtigste Voraussetzung für einen gelungenen Urlaub.

Sex, Sport und Bildung am unteren Ende der Wunschskala

Jeder neunte Bundesbürger (11 %) schätzte 1985 den Sex („Urlaubsflirts“) als besonders wichtig für den Urlaub ein. 1986 träumt nur noch jeder zwölfte (8 %) davon. Lediglich für die 14- bis 19-jährigen (30 %), die Ledigen (26 %) und die Geschiedenen (21 %) stellen Urlaubsflirts den eigentlichen Maßstab für einen gelungenen Urlaub dar. Auch 3 Prozent der Verheirateten wollen in ihrem nächsten Urlaub auf die Suche nach „neuen Bekanntschaften“ gehen…

„Reisen bildet“, die Reiseintensität steigt, aber das Bedürfnis, dabei etwas für die Bildung zu tun, sinkt. Nur jeder elfte Bundesbürger (9 %/ 1985: 10 %) will im Urlaub aktiv etwas für die Bildung tun. In der persönlichen Wertehierarchie des Urlaubserle bens erscheint offenbar anderes wichtiger. Die dominante Urlaubshaltung läßt sich so umschrei ben: Sich beiläufig auf Reisen bilden lassen, aber nicht selbst etwas für die Bildung tun. Die geringste Bildungsresonanz findet sich vor allem bei Befragten mit Volksschulabschluß (3 %), bei Arbeitern (4 %) und Arbeitslosen (4 %). Die größten Bildungsinteressen auf Reisen zeigen wie erwartet die Leitenden Angestellten und Beamten (25 %) und die Befragten mit Abitur oder Hochschulabschluß (30 %).

Der sportliche Aktivurlaub scheint nur mehr für einige Junge, Dynamische und Erfolgreiche im Arbeitsleben seine Leitbildfunktion behalten zu haben: Jeder fünfte 35-jährige (21 %), jeder vierte Ledige (26 %) und Leitende Angestellte und Beamte (25 %) zählt sich zu den sportlichen Aktivurlaubern. Alle anderen wollen die Ruhe genießen. So halten beispielsweise nur 2 Prozent der Nichtberufstätigen die sport lichen Urlaubsaktivitäten für besonders wichtig – 39 Prozent von ihnen aber wollen lieber abschalten und streßfrei entspannen.

Urlaubsplanung 1986: Reisefieber steigt, aber Reisedauer sinkt

45 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahre äußerten zu Beginn des Reisejahres 1985 die Absicht, mindestens zwei Wochen zu verreisen. Tatsächlich sind 1985 auch 45 Prozent mindestens zwei Wochen verreist. Das waren 21,7 Millionen Bundesbürger. Im kommenden Reisejahr 1986 sind nach der Befragung des BAT Freizeit-Forschungsinstituts nur mehr knapp 20 Millionen (41 %) Deutsche entschlossen, ihren Urlaubskoffer für mindestens zwei Wochen zu packen. Das bedeutet: 1,8 Millionen Deutsche haben zwar feste Urlaubspläne, planen 1986 aber eine kürzere Reisedauer ein.

Die allgemeine Einkommensentwicklung ist nicht spurlos an der Urlaubsplanung vorübergegangen. Pläne für längere Urlaubsreisen von mindestens zwei Wochen Dauer schmieden 1986 nur mehr 37 Prozent der Arbeiter (1985: 42 % ), 42 Prozent der Großstädter (1985: 51 %), 43 Prozent der Haushalte mit Kindern unter 14 Jahren (1985: 47 %) und 45 Prozent der Personen, die sich noch in der Ausbildung befinden (1985 : 59 %).

Schon 1985 ging der Anteil der Bundesbürger, die sich eine 2-Wochen-Reise leisteten, von 47 Prozent (1984) auf 45 Prozent zurück. Der leichte Abwärtstrend wird sich auch 1986 fortsetzen.

Stabil beziehungsweise leicht ansteigend ist hingegen der Anteil der Kurzreisen von 32 Prozent (1984) auf 33 Prozent (1985) gewesen. 1985 haben über 6 Millionen Bundesbürger (13%) ausschließlich Kurzreisen unternommen und auf eine längere Urlaubsreise ganz verzichtet. Knapp jeder dritte von ihnen gab als Ursache „finanzielle Gründe“ (31 %) und weitere 29 Prozent „private, familiäre Gründe“ an: Da wohl nicht alle Befragten zugeben wollten, daß sie knapp bei Kasse waren, ist davon auszugehen, daß etwa jeder zweite Nur-Kurzreisende aus finanziellen Gründen auf eine längere Urlaubsreise verzichtete. Daneben zeichnet sich aber auch eine veränderte Einstellung zum Reisen ab. Jeder sechste Befragte versteht sich als Kurzreisender aus Prinzip: „Mache keine längeren Reisen“ (17 %).

Am beliebtesten sind im vergangenen Jahr die 3- bis 4-Tage-Reisen (30%) gewesen, gefolgt von den 5- bis 7-tägigen Reisen (28 %) sowie den 2-Tage- beziehungsweise Wochenendreisen (22 %). Weitere 18 Prozent entschieden sich für 8- bis 13-tägige Reisen. Insgesamt 15,9 Millionen Deutsche (1984: 15,5 Millionen) haben 1985 Kurzreisen von mindestens zwei Tagen Dauer unternommen. Diese Entwicklung erklärt auch die Zuwachsraten im Städtetourismus.

Urlaubsbudget 1986: über 10 Millionen Bundesbürger wollen mehr Geld ausgeben

Über 10 Millionen Bundesbürger ab 14 Jahre wollen im Reisejahr 1986 „mehr Geld ausgeben“ (21 %). Das sind 2 Millionen mehr als 1985 (16 %).Die größte Ausgabenbereitschaft zeigen die Angestellten, die Beamten und die jüngere Generation. Für die Urlaubsreise 1986 plant fast jeder dritte Angestellte und Beamte (31 %) höhere Geldausgaben ein. 1985 war es nur jeder vierte (25 %) gewesen. Und bei den jungen Leuten von 20 bis 29 Jahren ist die Ausgabenbereitschaft von 24 Prozent (1985) auf 28 Prozent (1986) gestiegen. Hohe Geldreserven für die Urlaubsreise 1986 planen auch die Berliner (24 %), die Bremer (26 %) und die Hamburger (29 %) ein, die ohnehin seit Jahren zu den Reisefreudigsten zählen.

Die größten Geldmittel für den Urlaub 1986 stellen die teilweise Berufstätigen und Teilzeitbeschäftigten bereit. 43 Prozent von ihnen wollen dieses Jahr mehr Geld ausgeben. „Diese Gruppe setzt sich zum großen Teil aus sogenannten Doppelverdienern zusammen, die offensichtlich nur für den Urlaub arbeiten“, so Prof. Dr. Opaschowski. Ökonomische und soziale Ungleichheiten verstärken sich im Urlaubsmarkt. Wer ohnehin viel reist, will künftig noch mehr Geld für den Urlaub ausgeben. Wer aber wie die Arbeiter, Arbeitslosen und Rentner knapp bei Haushaltskasse ist, wird immer weniger verreisen können.

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

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