„Auf und davon – ganz weit weg“ 

Der Freizeitbrief, 66

17. Februar 1988

(inkl. Grafiken wenn vorhanden)

„Auf und davon – ganz weit weg“

Das „Traumschiff“ begleitet die Deutschen auch in ihren Urlaubsträumen: Für jeden vierten Bundesbürger stellt die Kreuzfahrt auf einem Luxusliner den Traumurlaub par excellence dar. In der Bedeutung lediglich übertroffen von der Sehnsucht nach einem Winterurlaub in der Karibik, dem Inbegriff von Sonne und Ferne. Für 30 Prozent der Bundesbürger ist dies der Urlaubstraum Nr. 1. Und auch der dritte Reisewunsch in der Rangskala der Urlaubsträume weist auf Defizite der deutschen Urlauberseele hin. 18 Prozent, also fast 9 Millionen Bundesbürger, träumen von Faulenzer-Ferien unter Palmen auf einer einsamen Südseeinsel. Dies geht aus der neuen Urlaubsstudie des BAT Freizeit-Forschungsinstitutes hervor, in der 2000 Personen ab 14 Jahren im gesamten Bundesgebiet befragt wurden.

„Aber nur wenige werden ihre Urlaubsträume auch verwirklichen können“, so Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, der wissenschaftliche Leiter des BAT Instituts: „Für die meisten bleiben sie eine unerfüllte Sehnsucht vor dem Hintergrund von Alltagsstreß und nasskalter Atmosphäre“. Hinter der traumhaften Vorstellung von Karibik und Kreuzfahrt, Südseeinsel und ewigem Frühling verbirgt sich das geradezu paradiesische Ideal der Muße.

Wohin die Deutschen am liebsten reisen wollen

In der neuen BAT Studie wurden nicht nur die Urlaubsträume der Deutschen erforscht. Es wurde auch ganz konkret nach den Zielen gefragt, also nach attraktiven Feriengebieten, in die Bundesbürger am liebsten reisen würden, wenn sie nur „genügend Geld und Zeit“ zur Verfügung hätten.

In der Gunst der Bundesbürger führen die deutschen Feriengebiete die Hit-Liste der Traumziele an: Die süddeutschen Feriengebiete am Bodensee, im Schwarzwald, im Bayerischen Wald und im Odenwald werden von jedem vierten Bundesbürger als „Traumziel Nr.1“ genannt (23 %), dicht gefolgt von den Anhängern der Bayerischen Alpen (21 %). Als erstes Auslandsreiseziel folgt dann Spanien (16 %) an dritter Stelle. Und selbst die Feriengebiete an der Nordsee (14 %) haben dem Traumziel USA (12 %) noch den Rang abgelaufen.

Die FavoritensteIlung der deutschen Feriengebiete ist wesentlich darauf zurückzuführen, daß hier auch Bevölkerungsgruppen Reisewünsche äußern konnten, die sonst seltener oder nie verreisen, vor allem Alleinlebende, Land- und Kleinstadtbewohner sowie Ruheständler.

Jeder dritte Ruheständler und jeder vierte Alleinlebende erklärt die süddeutschen Feriengebiete zum Lieblingsreiseziel. Jeder vierte Landbewohner ist von den Bayerischen Alpen fasziniert. Und jeder siebte Kleinstädter würde gern an der Nordsee Urlaub machen.

Neue Impulse für Inlandstourismus?

„Wenn die deutschen Ferienanbieter die Signale richtig zu deuten verständen“ , so Professor Opaschowski , „dann könnten sie zuversichtlich in die Zukunft sehen: Sie bräuchten nicht mehr denen nachzuweinen, die ohnehin jedes Jahr im Ausland Urlaub machen“. Sie könnten viel mehr nach den Zielgruppen Ausschau halten, die heute schon vom Urlaub im eigenen Lande träumen:

  • 3,4 Millionen Bundesbürger ab 14 Jahre würden gern Urlaub an der Ostsee machen.
  • Ebenfalls 3,4 Millionen träumen von der Weinstraße und der Eifel, dem Taunus, Sauerland und Weserbergland.
  • 3,9 Millionen würden auch gern eine Urlaubsreise in den Norden Deutschlands unternehmen, in den Harz, die Lüneburger Heide und nach Schleswig-Holstein.
  • 6,8 Millionen haben sich die Nordsee als ein Lieblings-Reiseziel ausgesucht.
  • 10,2 Millionen haben die Bayerischen Alpen als Traumziel gewählt.
  • 11,1 Millionen fühlen sich von Bodensee und Schwarzwald, Odenwald und Bayerischem Wald angezogen.

Die BAT Studie kommt zu der Erkenntnis: Der deutsche Fremdenverkehrsmarkt muß neue Angebote entwickeln, die sich in erster Linie an Zielgruppen orientieren, die bisher nur gelegentlich oder nie verreisen. Die große Zahl der Daheimurlauber könnte zum Zukunftspotential des Inlandstourismus werden.

Urlaubssaison ’87: Mehr verreist als eigentlich geplant

Die BAT Studie gibt Aufschlüsse über das Reiseverhalten in der vergangenen Urlaubssaison. Zu Beginn des Reisejahres 1987 äußerten 44 Prozent der Bundesbürger ab 14 Jahre die Absicht, mindestens zwei Wochen zu verreisen. Tatsächlich aber haben 47 Prozent eine Zwei- Wochen- Reise unternommen, das sind rund 23 Milionen Bundesbürger. 1987 war die tatsächliche Reiselust größer als die ursprüngliche Reiseabsicht. Dies trifft vor allem für Bevölkerungsgruppen zu, die frei und unabhängig sind. 55 Prozent der jungen Leute im Alter von 14 bis 24 Jahren sowie 60 Prozent der Paare ohne Kinder sind im vergangenen Jahr mindestens zwei Wochen verreist.

Die allgemeine Reiseintensität ist zwar von 44 Prozent (1986) auf 47 (1987) angestiegen. Nach wie vor leistete sich aber die Mehrheit der Bevölkerung keine Zwei-Wochen-Reise. Und sogar 38 Prozent der Bundesbürger haben im vergangenen Jahr überhaupt keine Reise unternommen. Für den hohen Anteil von über 18 Millionen Nichtreisenden sind maßgeblich ökonomische Gründe verantwortlich.

Urlaubsenttäuschung Nr.1: „Ich hatte mir das Wetter besser vorgestellt“

„Sommer“ gilt als das Fremdwort des Jahres 1987. Das Ausbleiben von Sommer und Sonne hat die Reisezufriedenheit der deutschen Urlauber in der vergangenen Saison nachhaltig beeinflußt. Jeder dritte Urlauber kam 1987 „wettergeschädigt“ von der Reise zurück. Das schlechte Wetter wurde zur größten Urlaubsenttäuschung. 34 Prozent der Urlaubsreisenden mußten sich eingestehen: „Ich hatte mir das Wetter besser vorgestellt“. Im Jahr zuvor waren es nur 22 Prozent gewesen.

Wer vor dem Urlaub die größten Erwartungen an gutes Wetter hegte, ist nachher am meisten enttäuscht. Dies trifft vor allem für die Jugendlichen zu. Der ausgefallene Sommer hatte dennoch seine „Sonnenseiten“: Die Urlauber litten in der vergangenen Saison deutlich weniger unter Umstellungsschwierigkeiten (1987: 24 % – 1986: 30 %) und auch der Klimawechsel machte ihnen weniger zu schaffen.

1987 kam jeder neunte Urlauber enttäuscht nach Hause und gestand sich ehrlich ein: „Ich habe mir meinen Urlaub anders vorgestellt als er wirklich war“. Am meisten enttäuscht zeigten sich die Singles. Die Urlaubswirklichkeit hinkte ihren Erwartungen hinterher. Dies traf in anderer Weise für die Jugendlichen zu: Jeder sechste Jugendliche hat sich im Urlaub gelangweilt, weil am Urlaubsort „nichts los“ war.

Reisepläne ’88: Das Reisefieber steigt

Die Reiseabsichten für 1988 lassen eine gute Reisesaison erwarten. Die Bundesbürger sind reisefreudig gestimmt. Rund 23 Millionen (47 %) sind bereits jetzt fest entschlossen, ihren Urlaubskoffer in diesem Jahr für mindestens zwei Wochen zu packen. Die Reiseabsichten liegen damit höher als im vergangenen Jahr (44 %).

Die intensivsten Reisepläne schmieden die Paare ohne Kinder: Zwei Drittel (67 %) von ihnen haben feste Reisepläne. Viel vorgenommen haben sich auch die jungen Erwachsenen (60 %). Nicht alle Pläne werden in Erfüllung gehen, was aber an der insgesamt positiven GrundeinsteIlung wenig ändert.

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

Tel. 040/4151-2264
Fax 040/4151-2091
guels@zukunftsfragen.de

Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge