19. Deutsche Tourismusanalyse 

Forschung aktuell, 171

5. Februar 2003

(inkl. Grafiken wenn vorhanden)

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19. Deutsche Tourismusanalyse

British American Tobacco stellt die 19. Deutsche
Tourismusanalyse des Freizeit-Forschungsinstituts vor

Entgegen allen Konjunkturprognosen:
Die Reiselust bleibt ungebrochen

Optimismus ist die erste Urlaubspflicht. Allen Krisenmeldungen in Wirtschaft und Politik zum Trotz zeichnet sich im Reisemarkt eine positive Grundstimmung ab. Irakkonflikt, steigende Energiepreise und höhere Sozialabgaben können offensichtlich die Reiselust der Deutschen nicht nachhaltig trüben. Die Bereitschaft zum Verreisen bleibt stabil. So weisen die festen Reiseabsichten für 2003 im Vergleich zum Vorjahr (2002: 47% – 2003: 47%) keine Veränderung auf. Lediglich der Anteil der Reiseverweigerer (2002: 24% – 2003: 26%) steigt geringfügig an. Das geht aus der 19. Deutschen Tourismusanalyse des Freizeit-Forschungsinstituts der British American Tobacco hervor, in der 5.000 Bundesbürger ab 14 Jahren nach ihrem Urlaubsverhalten 2002 und ihren Reiseabsichten 2003 befragt wurden.
"Die Konflikte in Afghanistan und Irak sowie die Anschläge in Djerba, Bali und Kenia haben die Lust am Reisen bisher nicht stoppen können", so Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, der Leiter des Instituts. "Wieder einmal bestätigt sich eine touristische Erfahrung: Touristen haben ein chronisches Kurzzeitgedächtnis." Nach einer längeren Phase der Problemgewöhnung setzt schnell die Nachfrage wieder ein. Die Reisebranche profitiert vom Nachholbedarf: Fast jeder zweite Bundesbürger sitzt gedanklich auf gepackten Koffern.
Die aktuellen Ergebnisse der B.A.T Tourismusanalyse 2003 widersprechen allen Aussagen zur Verunsicherung der Verbraucher. Die Bundesbürger wissen sehr wohl, wofür sie Geld ausgeben wollen und in welchen Bereichen sie den Gürtel enger schnallen müssen. Trotz knapper Haushaltskassen gilt für sie weiterhin: Am Urlaub wird zuallerletzt gespart. Die Zeiten allerdings, in denen die Deutschen grenzenlos verreisen und grenzenlos Geld ausgeben konnten, sind vorbei. Auf die Touristik kommt eine Phase der Normalisierung zu: Statt wie gewohnt von Rekord zu Rekord zu hasten, heißt es eher, auch mit geringeren Wachstumsraten zufrieden zu sein.

Bilanz der vergangenen Reisesaison 2002
Tourismus auf Berg- und Talfahrt

Krisenangst und Konjunkturrückgang bescheren dem Tourismus eine Berg- und Talfahrt ohnegleichen. In der Erfolgsgeschichte des Tourismus fällt das Reisejahr 2002 aus dem Rahmen. Die Reiseintensität der Bundesbürger, die wenigstens fünf Tage im Urlaub verreisten, erreichte zwar den Stand von 1998 wieder (1998: 54% – 2001: 51% – 2002: 54%). Dieser Anstieg ist aber vor allem auf einen Zuwachs der kürzeren Reisen von 5 bis 13 Tagen zurückzuführen (2001: 10% – 2002: 15%), während der klassische Jahresurlaub von mindestens zwei Wochen Dauer aus Kostengründen Anteile verliert (2001: 41% – 2002: 39%). Die konjunkturelle Entwicklung verstärkt offenbar den Trend zu kürzeren Reisen.

Inlandsreiseziele 2002
Ostsee und Bayern bauen Spitzenposition aus

Die vergangene Reisesaison 2002 war für die deutschen Inlandsreisenden ein Jahr mit vielen Licht- und Schattenseiten. Inlandsreisen waren weniger gefragt (2001: 34,4% – 2002: 32,8%). Zugleich bildete sich eine Spaltung des Inlandsreisemarktes heraus: Die Ferienregionen an der Ostsee (2001: 7,2% – 2002: 7,6%) und in Bayern (2001: 5,5% – 2002: 6,5%) bauten ihre Spitzenpositionen aus, während die Urlaubsziele an der Nordsee Anteile einbüßten (2001: 6,2% – 2002: 5,3%). Auch der Schwarzwald (-0,7 Prozentpunkte) und der Bodensee (-0,4) zogen weniger Urlaubsgäste an.
"Der Wettbewerb um innerdeutsche Marktanteile wird härter", so Professor Opaschowski. "Nordseeküste und Nordseeinseln bekommen die Konkurrenz der Ferienanbieter in Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein deutlich zu spüren. Hier können die Wellen in den nächsten Jahren noch höher schlagen." Bayern kann sich über die Renaissance des Berg- und Alpentourismus freuen, während die übrigen innerdeutschen Feriengebiete zunehmend Schwierigkeiten haben, ihr Eigenprofil zu demonstrieren.

Auslandsreiseziele 2002
Spanien. Tunesien. Marokko: Die Verlierer der Saison

Spanien, Tunesien und Marokko sind die Hauptverlierer der Reisesaison 2002 gewesen. Spanien, "das" Auslandsreiseziel der Deutschen, schien in den neunziger Jahren geradezu auf grenzenloses Wachstum programmiert zu sein. Das Ferienland wies eine unvergleichliche Erfolgsbilanz von 10 (1993) bis 17 Prozent (1999) auf. Doch seither muss Spanien permanent Einbußen hinnehmen (2000: 16,0% – 2001: 14,8% – 2002: 13,9%). Das kommt einem Einbruch des Anteils der deutschen Gästezahlen im zweistelligen Bereich gleich.
Der Wachstumsmarkt Spanien kann seine Schattenseiten nicht mehr verleugnen. In vielen Zentren des spanischen Massentourismus stimmt das Preis-Leistungsverhältnis nicht mehr. Die Reise wird teurer, aber die Leistung nicht besser. Die Unzufriedenheit über das Preis-Leistungsverhältnis nimmt zu. Die konjunkturelle Entwicklung trägt zusätzlich noch zur Verlagerung der deutschen Reiseströme von Spanien in die Türkei bei (2001: 5,5% – 2002: 6,3%). Auch die Feriengebiete im ehemaligen Jugoslawien wie u.a. Kroatien und Slowenien gehören zu den Gewinnern der Konjunkturkrise (2001: 1,5% – 2002: 2,8%), weil sie neben Sonnengarantie und schöner Landschaft auch kostengünstige Ferienangebote machen.
Jahrzehntelang gab es für die Deutschen nur drei Top-Reiseziele: Spanien, Österreich und Italien. Erstmals hat die Türkei im vergangenen Jahr das klassische Ferienland Österreich (6,4%) fast eingeholt. Die türkische Riviera ist zum Trendziel der Deutschen geworden (2001: 5,5% – 2002: 6,3%). Auch Griechenland schließt langsam auf (2001: 4,1% – 2002: 4,4%). Und vor dem Hintergrund des unsicheren Flugtourismus können die Ferienziele in Skandinavien (2001: 2,6% – 2002: 3,4%) für manche südländischen Regionen zu einer ernsthaften Konkurrenz werden. Lediglich Italien kann seine Spitzenposition (2001: 7,8% – 2002: 8,3%) weiter ausbauen. Den größten Anteilsverlust haben in der vergangenen Saison Tunesien/Marokko (2001: 2,2% – 2002: 1,3%) hinnehmen müssen. Sie sind von der politischen Krise in besonderer Weise betroffen.
Opaschowski: "Der Fernreisemarkt bleibt – schon aus finanziellen Gründen – nur eine attraktive Ergänzung (und nicht etwa Alternative) zu mediterranen Ferienzielen. Der große Durchbruch lässt weiter auf sich warten." Die Karibik, insbesondere Kuba und die Dominikanische Republik (2001: 1,8% – 2002: 0,8%) sind nicht mehr im Trend. Und auch USA-Reisen (2001 und 2002: je 1,6%) werden auf lange Sicht keine Konkurrenz zu den mediterranen Reisezielen der Deutschen werden können.

Reiseziele 2003
Italien. Kroatien. Türkei: Die kommenden Gewinner

2003 wird kein normales Reisejahr. Im neuen Touristikjahr wird manches anders als in früheren Jahren sein: Viele Reisende ändern ihre Pläne und Reiseveranstalter ihre Routen. Eine Umlenkung der Reiseströme steht bevor. Reisende wie Reiseveranstalter agieren und reagieren: kurzfristig und flexibel. Das zeichnet die besondere Tourismussituation in der kommenden Saison aus. Professor Opaschowski: "Von ‚Frühbuchungen‘ und ‚Langzeitpolstern‘ kann die Branche nur träumen. Immer mehr Bundesbürger werden ihren Urlaub erst wenige Wochen vor Antritt der Reise buchen. Andere Zeiten, andere Ziele und andere Verkehrsmittel werden gefragt sein, d.h. die konjunkturelle und weltpolitische Unsicherheit wirkt sich nachhaltig vor allem auf Flugreisen aus." Dafür werden sich immer mehr Urlauber für Fahrten mit Auto, Bus und Bahn entscheiden oder eine Kreuzfahrt buchen, die ein wenig Sicherheitsgefühl "wie auf einer Insel" vermittelt.
Die Gewinner der Reisesaison 2003 können Italien und die Türkei sein. Der Inlandsurlaub in Deutschland wird seine Position nur knapp behaupten können, während die italienische und türkische Riviera mit Zuwachsraten rechnen können. Die Türkei (Reiseabsichten 2003: 6,1%) kann erstmals Österreich einholen (2003: 6,1%). Und Italien (2003: 10,1%) rückt immer näher an den Spitzenreiter Spanien (2003: 13,1%) heran. Die Staaten des ehemaligen Jugoslawien (Kroatien, Slowenien u.a.) werden weiterhin gefragt sein (2003: 3,6%) und Tunesien/Marokko (2003: 1,3%) an Anziehungskraft für deutsche Urlaubsgäste übertreffen.
Auf der Verliererseite wird sich auch die Karibik (Kuba, Dominikanische Republik u.a.) befinden (2003: 1,6%), während sich als neues In-Ziel des Ferntourismus Mittelamerika (Mexiko u.a.) etablieren kann (2003: 2,5%).

Städtetourismus als Zukunftsmarkt

Kurz- und Städtetrips zählen zu den Reiseformen mit großen Zukunftschancen: Die Reisenden des 21. Jahrhunderts wollen in wenigen Tagen möglichst viel erleben. Städtereisen werden zu Highlights für Kurzurlauber. Auch Deutschland etabliert sich zunehmend als attraktives Ziel für Städtetouristen.

Berlin. München. Hamburg: Die meistbesuchten Ziele

Welche Ziele finden bei den Städtetouristen derzeit die größte Resonanz? Die Lieblingsziele der Deutschen bei Städtereisen im Inland sind Berlin (36%), München (24%), Hamburg (23%) und Dresden (21%). Auffallend ist, dass die Deutschen als Ziel ihrer Städtereisen fast nur Großstädte bzw. Kulturmetropolen wählen. Dabei rangiert mittlerweile Dresden, das deutsche Elbflorenz, vor vielen westdeutschen Metropolen wie Frankfurt (13%), Düsseldorf (9%) oder Stuttgart (9%).
Bei den Städtereisen ins Ausland favorisieren die Deutschen Wien (16%), Prag (15%) und Paris (15%). Erst danach folgen London und Venedig (je 11%) sowie Salzburg (10%), Rom und Barcelona (je 8%). Am unteren Ende rangieren New York, Madrid, Istanbul und Kopenhagen (je 4%) sowie Lissabon und Stockholm (je 2%). Für die Zukunft prognostiziert Professor Opaschowski dem Städtetourismus einen weiteren Auftrieb durch die Billigflieger: "Flugreisen zu Metropolen wie London oder Rom könnten davon besonders profitieren."
Städtereisen ins Ausland sind in den letzten Jahren eine Domäne der Ostdeutschen gewesen. Mehr (47%) als die Westdeutschen (43%) strömten und strömen sie zu west- und osteuropäischen Metropolen. Die Ostdeutschen favorisieren bei ihren Städtereisen Venedig (+4 Prozentpunkte) und Paris (+3), Kopenhagen (+4) und Amsterdam (+1). Die Westdeutschen sind anteilmäßig gerade noch in Rom (+4), Florenz (+5) und Wien (+1) stärker präsent. Und wenn es um osteuropäische Metropolen geht, liegen geradezu Welten zwischen den beiden Besuchergruppen: In Budapest sind die ostdeutschen Besucher doppelt so stark vertreten (Ost: 16% – West: 8%). Und in Prag ist der ostdeutsche Besucheranteil sogar noch höher (Ost: 27% – West: 11%).

Wien. Florenz. Rom: Die attraktivsten Ziele

Deutsche Touristen, die in den letzten Jahren eine Städtereise gemacht haben, sollten in der repräsentativen B.A.T Umfrage den Attraktivitätsgrad der jeweiligen Stadt einschätzen. "Sehr attraktiv" sind nach Meinung der Städtetouristen Wien (70%), Florenz (68%), Rom (63%), Paris (57%) und Venedig (57%). Mit einigem Abstand folgen London (49%), Prag (46%) und Budapest (45%). Das attraktivste Städtereiseziel in Deutschland ist Dresden (43%), das damit sogar München (42%), Berlin (39%) und Hamburg (34%) übertrifft.
Eine besondere Bedeutung kommt dem innerdeutschen Attraktivitätsvergleich bei einer Gegenüberstellung der Bewerberstädte für die Olympischen Spiele 2012 zu: Hamburg vorn – Frankfurt abgeschlagen. So sieht die nach unten führende Attraktivitätstreppe aus: Hamburg (34%) – Stuttgart (21%) – Leipzig (20%) – Düsseldorf (19%) – Frankfurt (15%). Bei der Entscheidung wird neben den Stärken und Schwächen der jeweiligen konzeptionellen und infrastrukturellen Vorlagen sicher auch der Attraktivitätsgrad eine Rolle spielen.

Ausblick in die nähere Zukunft: "Die Chinesen kommen …"

Erstmals hat das B.A.T Institut im Rahmen der Tourismusanalyse vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des Städtetourismus zeitgleich auch eine internationale Repräsentativumfrage durchgeführt. Vom 25. Oktober bis zum 18. Dezember 2002 wurden jeweils 1.000 Personen ab 18 Jahren in vier Kontinenten bzw. sechs Ländern (China/Neuseeland/USA/Brasilien/Großbritannien/ Italien) befragt. Die Befragung ging von der städtetouristischen Erfolgsformel aus: "Erst kennen – dann kommen!" Ermittelt wurde dabei der internationale Bekanntheitsgrad deutscher Städte.
Zunächst überrascht es nicht, dass die Hauptstadt Berlin mit einem Bekanntheitsgrad von durchschnittlich 93 Prozent unangefochtener Spitzenreiter ist. Danach folgen die drei Metropolen Hamburg (84%), Frankfurt (83%) und München (82%). Einen interessanten Vergleich aus internationaler Sicht bieten auch in diesem Zusammenhang die deutschen Olympiabewerber-Städte. Den größten Bekanntheitsgrad weisen Hamburg und Frankfurt auf. Erst mit größerem Abstand folgen Bewerber wie Stuttgart (64%), Düsseldorf (60%) und Leipzig (37%).
Wachstumsmärkte im Deutschland-Tourismus der Zukunft werden Russland und die Baltischen Staaten, Ungarn und die Tschechische Republik sein. Hinzu kommen China und Hongkong. Als erstes Land in Mitteleuropa wurde Deutschland im Juli vergangenen Jahres von Peking als Tourismus-Destination anerkannt. Deutschland hat den ADS-Status bekommen (= "approached destination status"). Damit dürfen nicht nur Geschäftsleute, sondern auch Urlauber zum reinen Privatvergnügen nach Deutschland reisen.
Die B.A.T Repräsentativumfrage in China nach dem Bekanntheitsgrad deutscher Städte ergab: Eine herausragende Position nehmen hierbei Berlin (86%) und Hamburg (80%) vor Frankfurt (78%) und München (77%) ein, während Städte wie z.B. Leipzig (30%) oder Düsseldorf (18%) in China weitgehend unbekannt sind. Hier ist in Zukunft noch viel Informations- und Öffentlichkeitsarbeit zu leisten, wenn Deutschland bundesweit als Reiseziel für Touristen aus Asien erschlossen werden soll.

Technische Daten der Befragung TA 2003. Ergebnisse der 19. Deutschen Tourismusanalyse

Anzahl und Repräsentanz der Befragten: Deutschland, 5.000 Personen ab 14 Jahren
Zeitraum der Befragung: 7. bis 24. Januar 2003
Befragungsinstitut: INRA Deutschland; Gesellschaft für Markt- und Sozialforschung mbH, Mölln

Die Studie Deutsche Tourismusanalyse (TA 2003) ist gegen eine Schutzgebühr von Euro 9,80 beim Freizeit-Forschungsinstitut der British-American Tobacco (Germany) GmbH, Alsterufer 4, 20354 Hamburg zu beziehen. Der Band enthält die wichtigsten Übersichtstabellen und eine ausführliche Interpretation der Daten in Text und Grafik. Journalisten und Redaktionen stellen wir auf Wunsch ein Besprechungsexemplar kostenlos zur Verfügung.
Ergänzend kann unter dem Titel Reiseverhalten 2002/Reiseabsichten 2003 ein ausführlicher Datenband zur Deutschen Tourismusanalyse (Reiseziele 2002 und Reiseabsichten 2003 der Deutschen) zum Preis von Euro 203,50 bezogen werden.
Daneben ist im Buchhandel das Buch "Das gekaufte Paradies. Tourismus im 21. Jahrhundert" (Germa Press Verlag, Hamburg 2001) zum Preis von Euro 17,80 erhältlich.
Siehe auch Verzeichnis aller Publikationen

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Ayaan Güls
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