„So wollen wir leben!“ – Die neue Wohlfühlwelt der Deutschen 

Forschung aktuell, 181

13. Juli 2004

(inkl. Grafiken wenn vorhanden)

„So wollen wir leben!“ – Die neue Wohlfühlwelt der Deutschen

Nach der Jahrtausendwende zeichnet sich in der gesamten westlichen Welt ein Wandel von der Erlebnisgesellschaft zur Wohlfühlgesellschaft ab. Frühe gesellschaftliche Forderungen nach dem 11. September 2001 zur Situation in Deutschland wie „Schafft die Spaßkultur ab!“ oder „Ende der Erlebnisgesellschaft“ verfestigen sich: Für die Deutschen wird das Wohlfühlen in den eigenen vier Wänden immer wichtiger. Um glücklich und zufrieden zu sein, genügt vielen schon ein Fernseher (68%), ein Radio (40%), eine Zeitung (46%) und ein gutes Essen zu Hause (47%). Selbst der eigene Garten (40%) macht der traditionellen Urlaubsreise (41%) noch Konkurrenz. Dies geht aus einer Repräsentativbefragung des B.A.T Freizeit-Forschungsinstituts hervor, in der 2.000 Personen ab 14 Jahren danach gefragt wurden, was für ihr persönliches Wohlfühlen am wichtigsten ist.
„Die Bundesbürger erwarten vom Leben heute nicht das ganz große Glück“, so Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, der Leiter des Instituts. „Es sind eher die kleinen Glücksmomente des Lebens in einer entspannten, störungsfreien Atmosphäre: Stimmung, Harmonie, Geborgenheit. Garanten dafür, dass man unbeschwert leben und sich über manche schönen Augenblicke einfach freuen kann.“ Partner (52%), Kinder und Familie (48%) sowie nette Nachbarn (33%) gehören inmitten medialer Vielfalt vom Fernseher bis zur Stereoanlage dazu.
Wenn es um das ganze persönliche Wohlbefinden geht, hat offensichtlich auch die Emanzipation ihre natürlichen Grenzen. Männer und Frauen leben in zwei verschiedenen Alltagswelten:
Bei Frauen steht nach wie vor die häusliche Atmosphäre mit dem entsprechenden Ambiente ganz obenan. Im Vergleich zu den Männern legen sie deutlich mehr Wert auf eine schöne Wohnung (+8 Prozentpunkte): Von der Badewanne (+15) bis zur Gartenpflege (+6), vom Telefon (+8) bis zu netten Nachbarn (+9).
Im Vergleich zu den Frauen fühlen sich Männer erst richtig wohl, wenn sie von technischem Spielzeug umgeben sind und sich ganz auf das Auto (+14) und die Stereoanlage (+9) konzentrieren können.
Professor Opaschowski: „Der ‚Neue Mann’ ist selbst im 21. Jahrhundert noch eine Legende, die ‚Neue Frau’ offensichtlich auch. Wenn es um das ganz persönliche Wohlfühlen geht, stoßen zwei Gefühlswelten aufeinander.“ Lediglich beim Radiohören (w: 40% – m: 39%) und Zeitunglesen (w: 47% – m: 45%) gleichen sich die Geschlechter in ihrer Lebensweise weitgehend an. Aber schon beim Bücherlesen driften sie wieder auseinander (w: 45% – m: 31%). Wen mag wohl vor über einhundert Jahren der Schriftsteller Theodor Fontane im Blick gehabt haben, als er auf die Frage „Was braucht der Mensch zum Glücklichsein?“ die Antwort gab: „Ein gutes Buch, ein paar Freunde, eine Schlafstelle – und keine Zahnschmerzen.“

Weitere Ausführungen über die Lebenswelt im 21. Jahrhundert finden Sie in:

DEUTSCHLAND 2020.
Wie wir morgen leben
Prognosen der Wissenschaft
Von Horst W. Opaschowski
520 Seiten/90 Grafiken/Sachregister
ISBN 3-8100-4168-8
VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004
39,90 Euro

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

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