580 Euro für alle. 

Forschung aktuell, 199

27. August 2007

(inkl. Grafiken wenn vorhanden)

580 Euro für alle.

Existenzgeld statt Zukunftsangst: Was die Bevölkerung von der Politik fordert

Die Deutschen vermissen in der Politik die Nachhaltigkeit in der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme. 86 Prozent der Bundesbürger haben derzeit erhebliche Zweifel, dass „die Renten auch in Zukunft gesichert sind“. 85 Prozent der Bevölkerung erwarten daher von einem Sozialstaat, dass man auch bei „Krankheit, Arbeitslosigkeit und im Alter ein gutes Auskommen“ hat, ohne Not leiden zu müssen. Nach Ansicht der Bevölkerung fehlen jedoch bisher „mittel- und langfristige Lösungsansätze“ (87%), die weit über Legislaturperioden hinausreichen und auch künftigen Generationen ein angemessenes Versorgungsniveau garantieren. Der Staat soll daher zur Absicherung der individuellen Lebensrisiken und zur Vermeidung von Altersarmut allen Bürgern das zum Leben Notwendige ermöglichen. Empfohlen wird als Langfrist-Modell die Einführung eines minimalen Existenzgeldes („Minimex“) für alle, das rechtsstaatliche Prinzipien wie Fürsorge, Grundversorgung und soziale Gerechtigkeit sicherstellt. Andernfalls gehen fast zwei Drittel der Bevölkerung (61%) davon aus, dass in naher Zukunft der „soziale Frieden gefährdet“ ist. Dies geht aus den Ergebnissen einer umfangreichen Zukunftsstudie hervor, in der die BAT STIFTUNG FÜR ZUKUNFTSFRAGEN repräsentativ 2.000 Personen ab 14 Jahren bundesweit zur Zukunft der sozialen Sicherung in Deutschland befragt hat.

Die Alternative zum drohenden Kollaps der Sozialsysteme: Das Minimex-Modell

Die Zukunftsstudie wurde heute von Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, dem Wissenschaftlichen Leiter der Stiftung, auf einer Pressekonferenz in Hamburg der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Forschungsstudie, die neben Analysen und Prognosen auch konkrete Lösungsansätze mit langfristiger Zukunftsperspektive bis zum Jahr 2030 enthält, erscheint zugleich als Buch unter dem Titel „Minimex. Das Zukunftsmodell einer sozialen Gesellschaft“ im Buchhandel (Gütersloher Verlagsanstalt, 17,95 €).

Professor Opaschowski: „Die Sicherung des Lebensstandards ist die existentielle Sorge der Menschen zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Immer mehr Menschen müssen mit Wohlstandsverlusten und sinkenden Nettoeinkommen rechnen. Die Angst vor dem sozialen Abstieg ist inzwischen auch für breite Mittelschichten mehrheitsfähig geworden.“ Nur noch für eine Minderheit der Deutschen (40%) ist die eigene Erwerbstätigkeit die wichtigste Unterhaltsquelle. Die übrigen 60 Prozent bekommen Sozial- und Arbeitslosenhilfe, beziehen Rente oder werden von der eigenen Familie und ihren Angehörigen unterstützt. Opaschowski: „Eine 40-zu-60-Gesellschaft, in der vier Beschäftigte sechs Nichterwerbstätige finanzieren, ist in Deutschland Wirklichkeit geworden. Die existentielle Frage ‚Wovon sollen wir in Zukunft leben?’ ist offener denn je. Und über das Minimum des Lebens und der Menschenwürde muss frühzeitig nachgedacht werden, bevor die geburtenstarken Jahrgänge massenhaft Rentner werden.“

Wenn die Babyboomer-Generation um 2030 in Rente geht oder Jahre später das Pflegealter erreicht, zeichnet sich ein Funktionsverlust oder gar Kollaps der Sozialsysteme als Risiko ab. Sollte die Politik keinen Mut zu langfristigen Lösungen beweisen, dann ist in der alternden Gesellschaft die Finanzierung der Sozialsysteme infragegestellt und Existenzängste schleichen sich zunehmend in den Lebensalltag der Menschen ein. Fast jeder dritte Bundesbürger (29%) hat heute schon Angst, im Alter in der Sozialhilfe zu landen. Die größten Zukunftsängste (41%) äußert in dieser Hinsicht die mittlere Generation der 30- bis 49-Jährigen, die befürchtet, im Alter zum Sozialfall zu werden, weil dann ihre Beitragszahlungen längst ausgegeben sind. Diese sogenannte Sandwich-Generation arbeitet für andere und investiert für andere – für ihre Kinder und ihre Eltern. Sie befürchtet, im Alter nicht mehr die gleichen Hilfeleistungen von der nachfolgenden Generation erwarten zu können. Opaschowski: „Die Zukunftsvorsorge ist gefährdet, wenn der Sozialstaat von der Hand in den Mund lebt.“

Der Rückgang der offiziellen Arbeitslosenzahlen täuscht darüber hinweg, dass es immer weniger feste Arbeitsverhältnisse gibt und die Zahl der Zeitarbeiter wächst. Über zwei Millionen Erwerbstätige sind heute Mehrfachbeschäftigte mit Zweit- oder Drittjobs, die ihren sozialversicherungspflichtigen Hauptberuf mit einem oder mehreren Minijobs kombinieren. Darüber hinaus gibt es unter den Vollzeitbeschäftigten über eine Million Niedriglöhner, die zusätzlich auf Arbeitslosengeld II-Zahlungen angewiesen sind: Sie leben ‚unter’ ihren Verhältnissen.

Praktikabel, Finanzierbar, Sozial. Das minimale Existenzgeld

Eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung spricht sich für eine staatlich garantierte Existenzsicherung aus. Fast zwei Drittel der Bundesbürger (61%) verbinden damit die Hoffnung, dass ein minimales Existenzgeld allen „ein Leben in Würde ermöglicht und persönlich erniedrigende Kontrollen verhindert.“ Andernfalls ist die Grundgeborgenheit großer Teile der Bevölkerung gefährdet, wenn der Sozialstaat die Frage eines Rechts auf Grundversorgung unbeantwortet lässt und die Politik keine nachhaltigen Entscheidungen über einen grundlegenden Umbau der nicht mehr zukunftsfähigen Sozialsysteme für Arbeitslosigkeit, Krankheit, Alter und Pflege fällt. Die Finanzierung der sozialen Sicherung muss auf eine tragfähige breite Basis gestellt werden. Dazu gehören nach Empfehlung der OECD auch Überlegungen zur Steuerfinanzierung der Sozialsysteme, um die Arbeitseinkommen zu entlasten.

Um allen Bürgern eine angstfreie Zukunft zu ermöglichen, muss die Sozialpolitik nach Ansicht der Bevölkerung ein Existenzminimum langfristig garantieren können, ohne deshalb die Bürger aus ihrer Eigenverantwortung und Eigenvorsorge zu entlassen, also durch eigene Arbeit und Leistung für ein auskömmliches Leben selbst zu sorgen. In diese Richtung zielen derzeit über Parteigrenzen hinweg unterschiedliche gesellschaftspolitische Lösungsansätze: Nach Ansicht der Bevölkerung umschreibt der Begriff „Existenzgeld“ das Anliegen treffender als „Grundeinkommen“, „Sozialeinkommen“, „Grundrente“ oder „Bürgergeld“. Mit höherer Schulbildung nimmt die Akzeptanz des Begriffs „Existenzgeld“ weiter zu.

Zwei Drittel der Bevölkerung (66%) sehen im Anspruch auf ein minimales Existenzgeld (Minimex) Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit verwirklicht, die insbesondere den Jugendlichen, die nach der Schule keinen Ausbildungsplatz erhalten, Armut und Diskriminierung ersparen. So können Jugendliche auch ohne Gesichtsverlust Zeitarbeiten übernehmen und ihrem Leben Struktur und Inhalt geben. Eine Generation von Überflüssigen kann sich eine Zukunftsgesellschaft nicht leisten. Opaschowski: „Nur auf den ersten Blick mag das von der Bevölkerung favorisierte Minimex-Modell, das allen Bürgern ein minimales Existenzgeld gewährt, wie eine Art gesetzliche Nächstenliebe erscheinen. In Wirklichkeit ist es nichts anderes als ein staatliches Sicherheitsversprechen, das sich auf das Notwendigste beschränkt und allen Bürgern durch materielle Sicherheitsgarantien ein Leben in Freiheit und Menschenwürde ermöglicht, also den Sturz ins Brot- und Bodenlose abwendet.“

Nach Meinung der Bevölkerung ist es an der Zeit, die Weichen für die Zukunft neu zu stellen und spätestens nach der Bundestagswahl 2009 die große Reform der Sozialsysteme in Angriff zu nehmen. Die Argumente überzeugen: Das Langfrist-Modell „Minimex“ ist praktikabel, finanzierbar und sozial. Erhebliche Verwaltungskosten können im staatlichen Sozialbudget eingespart werden, da nach mehrheitlicher Meinung der Bevölkerung (59%) ein großer Teil der Kosten für die Kontrolle von Sozialleistungen (Arbeitslosen-, Sozialhilfe, Kindergeld u.a.) entfallen. Opaschowski: „Hinter jedem ‚Fördertopf’ steht eine staatliche Verwaltung und Kontrollinstanz. Mit der Zahlung eines einheitlichen Existenzgeldes könnte eine Vielzahl von Beamten eingespart werden.“

580 Euro im Monat. „Existenzminimum“ aus der Sicht der Bevölkerung

Wie schätzt die Bevölkerung selbst die Höhe und den Wert eines minimalen Existenzgeldes ein? Die Antworten der Bevölkerung beweisen Realitätssinn: Das Meinungsspektrum über ein minimales Existenzgeld-Niveau bewegt sich von 350 bis zu 580 Euro im Monat, also einem Mindestlebensstandard zwischen der Beseitigung von Hilfsbedürftigkeit und dem Sozialhilfebedarf eines Alleinstehenden. Der „Einkommens“-Idee wird in der Bevölkerung eine Absage erteilt. Die Bundesbürger plädieren mehr für ein Minimum auf moderatem Niveau. Die Bürger machen der Sozialpolitik das Handeln in der Zukunft leicht. Sie melden keine Ansprüche im Übermaß an und geben sich mit einer Mindestsicherung zufrieden.

Bemerkenswert ist auch dies: Fast jeder fünfte Bundesbürger sieht sich außerstande, die Frage, wie hoch das monatliche Existenzgeld eigentlich sein sollte, konkret zu beantworten. Zu neu ist der Sachverhalt, zu gering der Kenntnisstand und auch die Phantasie, sich vorstellen zu können, ein Leben lang Anspruch auf ein staatlich garantiertes Existenzgeld zu haben.

Auch aus sozialpolitischen Gründen bietet sich eine Monatszahlung von 580 Euro pro Person an: Die durchschnittlichen Sozialkosten pro Einwohner und Monat liegen heute schon in Deutschland bei 580 Euro. Auch der durchschnittliche Sozialhilfebedarf eines Alleinstehenden liegt bei etwa 580 Euro. Die Bevölkerung hält an dem Gerechtigkeitsprinzip fest. Zwei Drittel der Bevölkerung (65%) vertreten die Auffassung: „Wenn das Einkommen durch Erwerbsarbeit einen bestimmten Grenzwert überschreitet (z.B. das Dreifache des Existenzgeldes), soll der Anspruch auf Existenzgeld entfallen.“ Wer so viel hinzuverdient, muss auch existentiell nicht mehr abgesichert werden. Das Votum der Bevölkerung richtet sich eindeutig gegen die Anhänger eines „bedingungslosen Grundeinkommens“, für dessen Erhalt es keinerlei Bedingungen gibt und auch Spitzenverdiener das Grundeinkommen beziehen sollen – ob sie es brauchen oder nicht. Nach Ansicht der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung widerspricht eine solche Option den Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit. Opaschowski: „Die Forderungen der Bevölkerung auf eine Kurzformel gebracht: Kein Geld für Millionäre! Auch ein Sozialstaat kann seine Bürger nicht aus der Verantwortung für das eigene Wohl entlassen. Wer für sich selber sorgen kann, braucht die Fürsorge des Staates nicht.“

„Politik der kleinen Schritte“. Minimex als Jahrhundertreform

Bei der Umsetzung des Minimex-Modells geht der Autor Opaschowski von zwei Grundsätzen aus: Das Existenzgeld soll so niedrig wie nötig und der Zuverdienst so hoch wie möglich sein. Empfohlen wird eine parteienübergreifende Politik der kleinen Schritte, die weit über das Legislaturdenken hinausreicht. Opaschowski: „Um nicht vorschnell als radikale Idee ‚verbrannt’ zu werden, ist das Wachsenlassen auf der Macher- und Wartenmüssen auf der Mitmacherseite in Kauf zu nehmen.“ Jeder zweite Bundesbürger (52%) spricht sich für die Realisierung des Minimex-Modells als Stufenmodell aus.

Minimex sollte schrittweise realisiert werden. Vorstellbar ist ein langfristig angelegter Zeit- und Stufenplan: Im Jahr 2010 für alle Neugeborenen. Im Jahr 2020 für alle Kinder- und Elterngeldbezieher. Im Jahr 2030 für alle ALG-II-Empfänger. Erst nach 2030 kann die Zahlung eines minimalen Existenzgeldes – unter Wahrung der Bestands- und Anspruchsrechte – auf alle Rentenversicherten übertragen werden. Damit sind auch die Einwände von Experten entbehrlich, die einen Systemwechsel zu einer steuerfinanzierten Grundrente deshalb ablehnen, weil durch individuelle Vorleistungen bestimmte Rentenansprüche erworben wurden. Dieses Problem stellt sich nicht, wenn von vornherein flexible Übergangsfristen und Übergangsregelungen eingeplant werden. Je nach politischem Willen dauert die Übergangsphase dreißig, vierzig oder fünfzig Jahre, was auch diesem Anliegen gerecht wird: Es wird, wenn es wird, eine Jahrhundertreform sein.

Andernfalls gehen die Deutschen einer sorgenvollen Zukunft entgegen. Die Frage „Was passiert, wenn nichts passiert?“ beantwortet jeder zweite Bundesbürger (50%) mit dem Hinweis auf die drohende Armut. Das Armutsrisiko wird sogar höher eingeschätzt als mögliche Gefahren des Terrorismus (44%) oder durch Umweltbelastung verursachte Probleme (47%). Und die Angst vor einer wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich („Zweiklassengesellschaft“) wiegt schwerer (41%) als der Geburtenrückgang (23%) oder die Bildungskrise (22%). Die Folge: Fast zwei Drittel der Bevölkerung (61%) befürchten die Ausbreitung von Kriminalität und Gewalt in Deutschland – „wenn es keinen Anspruch auf staatliche Fürsorge und Sozialleistungen gibt.“ Die Grundgeborgenheit großer Teile der Bevölkerung ist ohne soziale Grundsicherung nicht mehr gewährleistet.

„Von Geburt an in die Wiege gelegt.“ Leistungslust und Lebenslust

Mit der Sicherung des Existenzminimums ist keine Beeinträchtigung der Lust an Arbeit und Leistung verbunden. Ganz im Gegenteil: Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (84%) vertritt die Auffassung: Wer sich mehr als die anderen leisten will, „muss auch mehr leisten“. Erst die individuellen Leistungsvergleiche schaffen besondere Erfolgserlebnisse im Leben. Niemand muss, wenn die Grundversorgung gesichert ist, „auf der Strecke bleiben“ bzw. „abgehängt“ werden. Wer aber in Zukunft besser leben will, kann auf Leistung nicht verzichten.

Das Konsumbarometer wird zum Leistungsbarometer. Ausnahmen bestätigen die Regel: Auch in der Leistungsgesellschaft der Zukunft wird es wie bisher einige Leistungsverweigerer (16%) geben, die sich dafür aber auch im Leben einschränken müssen. Opaschowski: „Das war und ist schon immer so. Ein neues Sozialsystem kann keinen neuen Menschen hervorbringen. Wie in der gesamten Menschheitsgeschichte wird es auch in Zukunft Menschen geben, die sich im Leben weniger als andere anstrengen wollen.“ Das werden etwa 16 von 100 Bundesbürgern sein, die sich mehr phlegmatisch als ehrgeizig geben. Alle anderen aber wollen im Leben lieber Maximierer und Optimierer sein. Statt „Du musst etwas leisten“ heißt es für sie eher „Ich will mir etwas leisten.“

Und wer die Frage stellt „Wer hat denn noch Lust zu arbeiten!“ hat die Rechnung ohne die Psychologie des Menschen gemacht. Opaschowski: „Am glücklichsten sind nachweislich die Menschen immer dann, wenn sie etwas besitzen, was andere nicht haben. Leistungswettbewerb und Statuswettlauf bleiben für die meisten Menschen die wichtigste Antriebskraft, damit es ihnen besser geht als den anderen.“

„Was dürfen wir hoffen?“ Das Zukunftsmodell einer sozialen Gesellschaft

Die Bürger wünschen sich ein Ende der drohenden sozialen Verunsicherung und eine Neubestimmung der sozialen Gerechtigkeit. Bei den Zukunftswünschen der Deutschen steht durchaus überraschend die soziale Gerechtigkeit an erster Stelle – bei den Westdeutschen (75%) genauso wie bei den Ostdeutschen (74%). In dieser Frage sind kaum Unterschiede zwischen einzelnen Berufs-, Sozial- und Altersgruppen feststellbar. Die Bevölkerung meldet hier dringenden politischen Handlungsbedarf und für die Zukunft demografiefeste Lösungen zur Sicherung der sozialen Systeme an.

Bis zum Jahr 2030 wird die Lebenserwartung der Deutschen im Durchschnitt um weitere fünf Jahre zunehmen und kann sich der Anteil der Pflegefälle verdoppeln. Professor Opaschowski: „Es droht eine massive finanzielle Umverteilung zu Lasten der jungen Generation. Schon heute ist klar: So kann es nicht weitergehen. Mit tagespolitischen Entscheidungen allein lassen sich die Folgen sinkenden Lebensstandards und schrumpfender Arbeitnehmerschaft, höherer Lebenserwartung und wachsender Pflegebedürftigkeit nicht länger finanzieren. Statt in jeder Legislaturperiode die ungelösten sozialpolitischen Probleme immer nur als Wiedervorlage oder Nachjustierung zu behandeln und die Gelder zwischen den Sozialkassen hin- und herzuschieben, ist in Deutschland eine Jahrhundertreform erforderlich, die den Namen auch verdient.

Für eine große Reform braucht man große Mehrheiten, parteienübergreifende Initiativen sowie Allianzen für Generationengerechtigkeit, damit die finanzielle Umverteilung nicht weiter zu Lasten nachkommender Generationen erfolgt. Erfahrungsgemäß müssen Reformen von oben, die erst zu spät und dann zu überhastet umgesetzt werden, mit massiven Widerständen der Bevölkerung rechnen, weil um Besitzstände gebangt wird. Minimex hingegen, die Jahrhundertreform, kann langsam von unten wachsen und sich Zeit lassen für einen längerfristigen Überzeugungsprozess, bei dem es am Ende keine Verlierer, dafür aber mehr Zukunftshoffnungen und mehr Chancen für alle gibt.

Die Bevölkerung wünscht sich von der Politik mutige Schritte mit Weitsicht, eine Mischung aus Vision und Verantwortung. Damit die historische Chance nicht vertan wird, muss das Denken in Legislaturperioden aufgegeben werden. Die Politik hat im Interesse kommender Generationen geradezu die Pflicht zu nachhaltigen und generationengerechten Entscheidungen, zu konkreten Antworten darauf, was in dreißig Jahren sein wird oder sein soll – von der Finanzierung der Renten bis zur Deckung steigender Pflegekosten. Das Zeitfenster für die notwendige Jahrhundertreform ist jedoch begrenzt, wenn nicht chronisch defizitäre Sozialsysteme und drohende Beitragsexplosionen über längere Zeit in Kauf genommen werden sollen. Mit Minimex, dem Langfrist-Modell des Jahres 2030, kann eine Zukunftsoption Wirklichkeit werden, die allen Bürgern eine Mindestversorgung garantiert und zugleich Eigenvorsorge ermöglicht. Niemand muss mittellos bleiben. Wer mehr als das Existenzminimum haben will, muss dafür arbeiten. Minimex, das minimale Existenzgeld für alle, gibt eine verlässliche Antwort auf die Frage: „Wovon sollen wir in Zukunft leben?“

Das Buch

HORST W. OPASCHOWSKI:
Minimex. Das Zukunftsmodell einer sozialen Gesellschaft

ist im Buchhandel erhältlich

267 Seiten, 55 Grafiken
ISBN 978-3-579-06976-0
Gütersloher Verlagshaus 2007, 17,95 Euro

Information in eigener Sache

Mit der Umwandlung des BAT Freizeit-Forschungsinstituts in die Stiftung für Zukunftsfragen hat British American Tobacco als Initiator, Gründer und Stifter im Mai 2007 den Blick geweitet für eine Zukunft im Plural – für verschiedene „Zukünfte“, zwischen denen wir wählen und die wir auch gestalten können. Jede Weiche, die wir heute stellen, eröffnet ein Stück neue Zukunft. Die Stiftung fördert die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit Zukunftsfragen und entwickelt Ansätze zur nachhaltigen Lösung künftiger Gesellschaftsprobleme. Dabei versteht sie sich als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, Öffentlichkeit und Politik. Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung ist Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, der sich im Rahmen seiner jahrzehntelangen Forschungsarbeit frühzeitig gesellschaftlichen Zukunftsfragen gewidmet und zahlreiche Zukunftsstudien veröffentlicht hat (1988: Wie leben wir nach dem Jahr 2000? – 1997: Deutschland 2010 – 2004: Deutschland 2020 u.a.).

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

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guels@zukunftsfragen.de

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