Freizeit-Monitor 2015: Die beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen
Freizeit-Monitor 2015
Die BAT-Stiftung für Zukunftsfragen stellt heute, am 27. August 2015, in Berlin ihren „Freizeit-Monitor 2015“ vor. Für die jährlich stattfindende Untersuchung wurden über 2.000 Personen ab 14 Jahren repräsentativ in persönlichen Interviews zu ihrem Freizeitverhalten befragt.
Kernergebnisse:
- Fernsehen bleibt die häufigste Freizeitaktivität, gefolgt von Radio hören und Telefonieren.
- Siegeszug des Internets hält an: 99 Prozent der jungen Generation (bis 24 Jahre) und auch ein Drittel der Ruheständler (über 65 Jahre) sind regelmäßig online.
- Innerhalb der Bevölkerung zeigen sich beim Einkommen die größten Unterschiede: Geringverdiener (bis 1.500 € monatliches Haushaltsnettoeinkommen) sind beispielsweise deutlich spontaner, während Besserverdiener (über 3.500 €) mehr Zeit mit der Familie verbringen.
- Hochkulturelle Aktivitäten, Ehrenamt und Vereine müssen sich Zukunftssorgen machen – mehr als die Hälfte der Bevölkerung gibt an, ihnen nie nachzugehen.
- Die Freizeitwünsche der Deutschen: Spontanität, Erholung und Geselligkeit.
Fernsehen, Radio hören, Telefonieren
1981 untersuchte die BAT-Stiftung für Zukunftsfragen erstmalig das Freizeitverhalten der deutschen Bevölkerung. Damals gaben 67 Prozent der Bevölkerung an, regelmäßig in die drei Programme der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten zu schauen. Mit diesem Ergebnis landete der Fernsehkonsum im Ranking der häufigsten Freizeitaktivitäten auf dem vierten Platz. Die Plätze eins, zwei und drei belegten Zeitunglesen, Handarbeiten und Gartenarbeit.
Durch die Einführung des Privatfernsehens (1984) steigerte sich der Fernsehkonsum kontinuierlich und bereits 1990 lag er mit 90 Prozent auf dem Spitzenplatz. Hieran hat sich seitdem nichts mehr verändert und auch 25 Jahre später liegt Fernsehen mit nunmehr 97 Prozent unangefochten auf dem ersten Platz der häufigsten Freizeitbeschäftigungen der Bundesbürger.
Auf den Plätzen zwei und drei befinden sich heute mit Radio hören und Telefonieren von daheim Aktivitäten, die ebenfalls schon in den vergangenen Jahrzehnten weit vorn lagen. Vorgerückt auf den vierten Platz ist das Internet, das damit erstmals im Ranking der häufigsten Freizeitaktivitäten vor dem Zeitunglesen liegt.
Prof. Dr. Ulrich Reinhardt, Wissenschaftlicher Leiter der BAT-Stiftung, fasst die Ergebnisse wie folgt zusammen: „Die Dominanz der Medien setzt sich fort. Ergänzt werden diese von regenerativen Tätigkeiten und sozialen Aktivitäten, die jedoch zunehmend den Anschluss an die Spitzenplätze verlieren.“
Gewinner und Verlierer im Jahresvergleich: Siegeszug des Internets hält an
Die Entwicklung des Internets ist beeindruckend: Während 1998 lediglich drei Prozent der Bundesbürger regelmäßig online waren und auch 2010 noch die Mehrheit der Bevölkerung nicht regelmäßig im Internet surfte, sind mittlerweile fast drei Viertel der Deutschen (73 Prozent) regelmäßig im Netz. In nur fünf Jahren erhöhte sich die Zahl der Internetnutzer damit deutlich um 25 Prozentpunkte.
Bei den 14- bis 24-Jährigen sind mittlerweile 99 Prozent im Netz und eine Vollversorgung ist somit quasi erreicht. Aber auch 86 Prozent der mittleren Generation (25-49 Jahre) können und wollen auf das Internet nicht verzichten. Und sogar mehr als sieben von zehn Jungsenioren (50-64 Jahre) sind mittlerweile regelmäßig online.
Lediglich die große Gruppe der Ruheständler zeigt sich (noch) relativ zurückhaltend – „nur“ 35 Prozent der über 65-Jährigen surfen aktuell regelmäßig im Netz. Aber auch in dieser Altersstufe steigt die Zahl der Nutzer unaufhaltsam: Innerhalb von fünf Jahren hat sie sich mehr als verdoppelt (14% zu 35%).
- Einen ähnlichen Zuwachs, allerdings auf niedrigerem Niveau, konnte das Musikhören verzeichnen. Musikstreaming-Dienste und kostenlose Internetradiosender, die über das Smartphone an jedem Ort zu empfangen sind, veranlassen mittlerweile breite Bevölkerungsgruppen zum Musikhören.
- Häufiger als noch vor fünf Jahren nutzen die Bundesbürger ihre Freizeit, um sich oder den Garten zu pflegen – wobei ersteres vornehmlich von Frauen ausgeübt wird.
- Im Jahresvergleich nehmen sich die Bundesbürger hingegen seltener Zeit, um sich mit Freunden daheim zu treffen. Dafür pflegen sie gegenwärtig jedoch öfter den sozialen Kontakt über Social Media Kanäle. Auch wird nicht mehr so oft mit den Kindern gespielt, was u.a. mit einer geringeren Geburtenanzahl und dem Abitur in 12 Jahren erklärt werden kann. Abnehmende Tendenzen verzeichnen zudem das Zeitunglesen und DVD-Filme schauen – beides verlagert sich zunehmend auf internetfähige Endgeräte, auf denen man selbst bestimmen kann, an welchem Ort und zu welcher Zeit man die Inhalte konsumiert.
- Darüber hinaus findet auch der klassische Einkaufsbummel seltener statt. Das Online-Shopping ersetzt zunehmend den Streifzug durch die Geschäfte der Innenstadt. Und nahmen sich vor fünf Jahren noch fast zwei Drittel die Zeit – allein oder gemeinsam – eine Tasse Kaffee zu trinken, gönnt sich heute nur noch eine knappe Mehrheit diesen Luxus.
Freizeitverhalten unter der Lupe: Unterschiede zwischen Arm und Reich
Das Freizeitverhalten der Bundesbürger unterscheidet sich in zahlreichen Bereichen voneinander. Ob zwischen den Geschlechtern, der Bevölkerung in Ost- oder Westdeutschland, Jung oder Alt – überall sind zum Teil große Differenzen nachweisbar. In keiner Vergleichsgruppe gibt es jedoch so deutliche Abweichungen wie innerhalb der Einkommensgruppen. Diese Analyse lässt sich in folgenden zehn Kernergebnissen zusammenfassen:
- Die einkommensschwächeren Bundesbürger liegen bei den regenerativen Freizeitbeschäftigungen deutlich vorn.
- Die Besserverdienenden zeigen eine signifikant höhere Nutzung der Neuen Medien.
- Je höher das Einkommen, desto häufiger leistet man sich Freizeitaktivitäten, die Geld kosten.
- Umgekehrt gilt: Je geringer das Einkommen, desto höher ist die Nutzung von kostenlosen bzw. kostengünstigen Freizeitaktivitäten.
- Besserverdiener verbringen mehr Zeit mit dem Partner oder dem Nachwuchs als Geringverdiener. Dieses Ergebnis muss jedoch differenziert betrachtet werden, da innerhalb der Gruppe der Besserverdiener der prozentuale Anteil an festen Partnerschaften und Kindern höher ist. Bei allen anderen familiären Aktivitäten wie z.B. dem Treffen mit den Eltern bzw. Großeltern, der Pflege von Angehörigen oder auch Unternehmungen mit der Familie sind dagegen nahezu keine Unterschiede nachweisbar.
- Anders verhält es sich, wenn es um das Treffen mit Freunden geht. Besserverdiener unternehmen öfter etwas außerhäuslich mit Freunden als Geringverdiener. Diese treffen Freunde dafür häufiger zu Hause, z.B. zum gemeinsamen Kochen.
- Wer mehr verdient, ist sportlich aktiver – ganz gleich ob im Fitnessstudio oder Schwimmbad, beim Joggen oder im Vereinssport.
- Geringverdiener nehmen sich mehr Zeit für einzelne Beschäftigungen und wechseln seltener die Aktivität.
- Egal ob Museum oder Theater, Rockkonzert oder Sportveranstaltung, Kino oder Freizeitpark: Sowohl hoch- als auch breitenkulturelle Aktivitäten sind eine klare Domäne der Besserverdiener.
- Spontanität und kurzfristige Planungen haben in Haushalten mit einem niedrigen Einkommen deutlich mehr Platz.
10 Aktivitäten, die Besserverdiener deutlich öfter als Geringverdiener ausüben |
10 Aktivitäten, die Geringverdiener deutlich öfter als Besserverdiener ausüben |
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Zeit mit dem Partner verbringen | Spontan tun, wozu man Lust hat |
Essen gehen/Restaurantbesuch | Mittagsschlaf |
Internet | Faulenzen/Nichtstun |
Computer | Ausschlafen |
Museum/Kunstausstellung | Spaziergang |
Sport treiben | Handarbeiten |
Erotik/Sex | Mit Nachbarn treffen/plaudern |
Sportveranstaltung anschauen | Gedanken nachgehen |
Oper/Theater/Ballett | Sich in Ruhe pflegen |
Ehrenamtliche Aufgabe | Mit Freunden zu Hause kochen |
Die Blacklist der Freizeitaktivitäten: Was die Mehrheit der Bundebürger niemals ausübt
Die Mehrheit der Bundesbürger besucht eine Vielzahl von scheinbar beliebten Freizeitorten wie Theater, Fitnessstudio oder Vereinsheim so gut wie nie und auch die Nutzung von E-Books oder Videospielen muss realistisch beurteilt werden. Ein sehr ernüchterndes Ergebnis zeigt sich zudem beim ehrenamtlichen Engagement: Drei von fünf Deutschen engagieren sich nie ehrenamtlich in ihrer Freizeit.
Im Jahresvergleich der „Freizeit-Blacklist“ zeigen sich sowohl Kontinuität als auch Veränderung. So wurde bereits 2004 nur selten gehandarbeitet, gecampt oder Videospiele gespielt. Aber 2004 wollte die Mehrheit der Bundesbürger auch vom Internet oder Wellnessangeboten nichts wissen und diese erfreuen sich gegenwärtig einer zunehmenden Beliebtheit. Zukunftssorgen muss sich die Hochkultur machen: Waren es 2004 „nur“ 45 Prozent der Bürger, die niemals ins Theater, die Oper oder zu einem Klassikkonzert gingen, sind es 2015 bereits 54 Prozent.
Reinhardt dazu: „Verantwortlich für diese Entwicklung sind u.a. die ‚gealterte’ Besucherstruktur, die Kosten und die Konkurrenz durch andere Freizeitangebote.“
Die Freizeitwünsche der Deutschen: Was die Mehrheit gerne häufiger machen möchte
Innerhalb der Bevölkerung ist vor allem das Bedürfnis nach mehr Spontanität, Erholung und Geselligkeit groß. So wollen rund zwei Drittel der Deutschen gerne öfter spontan genau das tun, wozu sie gerade Lust haben und öfter ausschlafen. Aber auch mehr Ausflüge, Treffen mit Freunden sowie persönliche Aktivitäten wie „etwas für die eigene Gesundheit tun“ und einfach mal Nichtstun rangieren auf der Wunschliste weit oben.
Große Unterschiede zeigen sich innerhalb der Bevölkerung u.a. zwischen den Geschlechtern. Hierbei äußern Frauen insgesamt deutlich mehr Freizeitwünsche als Männer. Neben klischeehaft zu erwartenden Aktivitäten wie Lesen, Wellness, Einkaufen gehen oder telefonieren wünschen sich Frauen überdurchschnittlich oft mehr soziale und kulturelle Aktivitäten. Diese reichen vom Kino- oder Theaterbesuch über Museums- oder Freizeitparkaufenthalte bis hin zu Beschäftigungen mit der Familie oder den Freunden.
Männer zeigen sich dagegen zufriedener und nennen nur in wenigen Bereichen einen überdurchschnittlichen Wunsch nach einer häufigeren Ausübung der Aktivität – u.a. bei Besuchen von Sportveranstaltungen, Do-it-yourself, Videospielen und DVD-Filmen, sportlichen Aktivitäten und Stammtischen sowie Sex und Vereinswesen.
Fazit des Wissenschaftlichen Leiters der BAT-Stiftung: „Viele Bundesbürger gestalten ihre Freizeit nicht nach ihren persönlichen Bedürfnissen. Anders lässt es sich nicht erklären, dass unter den Top 10-Aktivitäten, die gerne häufiger gemacht werden würden, lediglich eine Aktivität ist, die auch tatsächlich mehrheitlich ausgeübt wird: Zeit mit dem Partner verbringen. Dabei würden die meisten Bürger lieber aktiv etwas unternehmen als passiv vor dem Fernseher zu sitzen, sich lieber mit anderen treffen als nur mit ihnen zu telefonieren oder zu mailen. Und sie würden gerne öfter etwas spontan unternehmen, um nicht einfach die Freizeit verstreichen zu lassen in der Routine des Alltags.“
Technische Daten der Untersuchung
Anzahl und Repräsentanz: Deutschland, ca. 2.000 Personen ab 14 Jahren
Zeitraum der Befragung: Juli 2015
Befragungsinstitut: Gesellschaft für Konsumforschung (GfK)