Freizeit-Monitor 2018
Die BAT-Stiftung für Zukunftsfragen stellt heute, am 5. September 2018, in Berlin ihren „Freizeit-Monitor 2018“ vor. Für die seit 1986 regelmäßig durchgeführte Studie wurden über 2.000 Personen ab 14 Jahren repräsentativ (face-to-face) zu ihrem Freizeitverhalten, den Freizeitaktivitäten und Freizeitwünschen befragt.
Kernergebnisse:
- Fernsehen bleibt die häufigste Freizeitaktivität
- Im Durchschnitt werden acht verschiedene Freizeitaktivitäten pro Tag ausgeübt
- Freizeit wird zunehmend zur Pflichtzeit
- Große Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit in der Freizeitgestaltung
Die beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen: Große Unterschiede innerhalb der Bevölkerung
Fernsehen ist seit 1986 unangefochten die häufigste Freizeitbeschäftigung der Bundesbürger. Aktuell schauen 95 Prozent aller Deutschen regelmäßig fern – d.h. mindestens einmal pro Woche. Zwei von drei verfolgen sogar täglich das Fernsehprogramm.
„Für die meisten Bundesbürger dienen die öffentlichen und privaten Sendeanstalten nicht nur der Information und zur Unterhaltung, sondern helfen auch, Stress abzubauen und zu entspannen. Viele genießen gerade am Abend die Berieselung zu Hause auf dem Sofa als einen Kontrast zur Hektik des Alltags“, so der Wissenschaftliche Leiter der Stiftung Professor Dr. Ulrich Reinhardt.
Auch wenn es in Deutschland allgemein einen sehr hohen TV-Konsum gibt, ist das Fernsehen nicht in jeder Lebensphase die häufigste Freizeitbeschäftigung. So steht für kinderlose Paare die gemeinsame Zeit mit dem Partner an erster Stelle, während Familien in ihrer Freizeit am häufigsten Radio hören. Bei jungen Erwachsenen und Singles landet das Fernsehen sogar nur auf Platz fünf, weit hinter ihrer liebsten Freizeitbeschäftigung, der Internetnutzung.
Insgesamt betrachtet nimmt die Mediennutzung in der Freizeit weiter zu und dominiert diese sogar. Bei Familien und Jungsenioren sind bereits sieben der zehn häufigsten Freizeitaktivitäten medial geprägt. Bei Jugendlichen und kinderlosen Paaren sind es acht und bei jungen Erwachsenen sogar neun von zehn.
Spitzenreiter bei der Nutzung von Medien in der Freizeit sind Singles: Die gesamte Top 10 der häufigsten Beschäftigungen steht in Verbindung mit Mediennutzung. Einen Gegensatz hierzu bilden Ruheständler, die mit Fernsehen, Radio hören, Zeitung lesen, Telefonieren und Musik hören nur fünf Medienaktivitäten in ihrer Top 10 haben.
Neben der Mediennutzung werden lediglich drei soziale Aktivitäten (Zeit mit dem Partner verbringen, über wichtige Dinge reden und Kaffeetrinken) sowie vier regenerative Beschäftigungen (seinen Gedanken nachgehen, Ausschlafen, sich in Ruhe pflegen, Faulenzen) von einer Mehrheit der Bevölkerung ausgeübt.
Mehr tun in gleicher Zeit: Anzahl von Freizeitaktivitäten nimmt zu
Jeder Bundesbürger geht pro Tag acht verschiedenen Freizeitaktivitäten nach. Pro Woche werden durchschnittlich sogar 23 unterschiedliche Tätigkeiten von jedem ausgeübt. Im Jahresvergleich zeigt sich eine deutliche Zunahme an Aktivitäten, denn 1998 waren es gerade einmal 12 wöchentliche Aktivitäten pro Person. Somit hat sich die Anzahl von Aktivitäten innerhalb von 20 Jahren fast verdoppelt.
Innerhalb der Bevölkerung sind dabei nur geringe Unterschiede festzustellen. So sind Jugendliche mit neun Aktivitäten am Tag nur etwas aktiver als Jungsenioren, die täglich sieben unterschiedlichen Beschäftigungen nachgehen.
Diese Verdichtung von Aktivitäten in der Freizeit führt zum einen zu einer zunehmenden Parallelausübung. Statt wie früher „eine Sache zu einer Zeit“, heißt es heute „mehr tun in gleicher Zeit“. Während beispielsweise ein Film geschaut wird, wird auch telefoniert, im Internet gesurft, gegessen oder gebügelt. Zum anderen verkürzt sich die Dauer, die für eine Aktivität aufgewendet wird.
Reinhardt: „Viele Bürger neigen dazu, von einer Aktivität in die nächste zu springen. Schließlich wollen sie viel erleben, überall dabei sein und vor allem nichts verpassen.“
Kritisch sieht er in diesem Zusammenhang die zunehmende Angst vor Langeweile in der Bevölkerung: „Vor lauter Sorge sich zu langweilen, wird versucht, jede freie Minute mit irgendetwas zu füllen. Lieber lassen sie sich ablenken oder berieseln, statt einen Moment freie Zeit zu haben, ohne eine Beschäftigung. Dabei könnte diese Mußezeit die Grundlage für Erholung, Kreativität und neue Ideen sein.“
Ist Freizeit noch freie Zeit? Verpflichtungen in der Freizeit nehmen zu
Die eigene Freizeit ist den Bundesbürgern nahezu heilig. Es ist die Zeit, um sich zu erholen und genau das zu tun, wozu man gerade Lust hat – ohne Pflichten, Rücksichtnahme, Einschränkungen oder Fremdbestimmung. Diese Idealvorstellung der eigenen Freizeitgestaltung spiegelt sich jedoch immer seltener in der Realität wider.
Bevor sich der Erholung, dem Hobby oder den Freunden gewidmet wird, wollen viele Bundesbürger erst noch produktiv sein oder müssen zunächst etwas erledigen. Hierbei lassen sich gerade zwischen den Geschlechtern Unterschiede nachweisen. So kümmern sich immer noch deutlich mehr Frauen als Männer (94% zu 57%) um den Haushalt und den Einkauf (89% zu 70%). Männer dagegen telefonieren in der Freizeit häufiger mit der Firma (21% zu 13%), arbeiten mehr für den Job (15% zu 11%) und bilden sich öfter weiter (23% zu 17%).
Während zahlreiche Aktivitäten in der Freizeit häufiger als in der Vergangenheit ausgeübt werden, gehen soziale Verpflichtungen wie ein Ehrenamt auszuüben (−6 Prozentpunkte) oder Nachbarschaftshilfe zu leisten (−14 Prozentpunkte) zurück.
Reinhardt: „Freizeit wird immer öfter zur Stresszeit. Die einen haben Angst etwas zu verpassen, ganz gleich ob im Job oder im Freundeskreis, die anderen sorgen sich, den eigenen Bedürfnissen oder anderen gegenüber nicht gerecht zu werden. Entsprechend wird versucht, die Freizeit zu optimieren und immer mehr in kürzerer Zeit zu schaffen. Dadurch leiden nicht nur die Freundschaften und die Qualität der Aktivitäten, sondern auch Erholung, Zufriedenheit und Wohlbefinden.“
Freizeitwünsche der Bundesbürger: Erlebnis, Erholung und Zweisamkeit
Die Kluft zwischen den Wünschen für die Freizeit und den tatsächlichen Aktivitäten ist groß. Im Vergleich mit den häufigsten Freizeitaktivitäten zeigt sich deutlich, dass das gegenwärtige Freizeitverhalten kaum den Freizeitwünschen entspricht. So nennen die Bundesbürger auf die Frage welche Freizeitaktivitäten sie gerne häufiger ausüben möchten, nur sehr selten mediale Beschäftigungen wie Fernsehen oder im Internet surfen. Dagegen wünschen sich die Deutschen mehr Spontanität, mehr Ausflüge sowie mehr Zeit für Freunde und Zweisamkeit. Aber auch das Bedürfnis nach Erholung ist stark ausgeprägt. So möchte die Mehrheit gerne häufiger ausschlafen oder einfach mal nichts tun.
Reinhardt: „Je komplexer, verplanter und transparenter das eigene Leben wird, desto mehr steigt das Bedürfnis nach den einfachen Dingen. So wie in der Kindheit möchte man die Freiheit haben, der eigenen Intuition folgen zu können – ganz gleich ob dies nun die Lust auf ein Treffen, eine Unternehmung oder einfach chillen ist.“
Technische Daten der Untersuchung
Anzahl und Repräsentanz: über 2.000 Personen ab 14 Jahren in Deutschland
Zeitraum der Befragung: Juli 2018
Methode: Face-to-Face-Interviews
Befragungsinstitut: Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), Nürnberg