Die Zukunft des Konsums: Digitalisiert, nachhaltig und serviceorientiert 

Forschung aktuell, 285

26. Mai 2019

Dowload Beitrag als PDF

(inkl. Grafiken wenn vorhanden)

Wie sieht die Zukunft des Konsums aus? Dieser Frage ist die gemeinnützige Stiftung für Zukunftsfragen gemeinsam mit der ECE in ihrer neuesten Konsumstudie nachgegangen und hat dafür über 3.000 Bundesbürger in persönlichen Interviews (face-to-face) befragt.

Ein Kernergebnis lautet: Der Einkaufsbummel an sich bleibt weiterhin beliebt, es verändern sich jedoch das Einkaufsverhalten sowie die Konsumbedürfnisse der Deutschen.

Denn Konsumieren ist weit mehr als nur Geld ausgeben oder das Besorgen von Notwendigkeiten. Der Einkaufsbummel zählt heute zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen. 60 Prozent der Bundesbürger bezeichnen es sogar als Genuss, durch Fußgängerzonen und Shopping-Center zu flanieren.

Digitalisierung als Ergänzung, nicht als Ersatz des stationären Handels

Keine Frage – Online-Shopping boomt. Im Jahr 2004 haben 25 Millionen Deutsche im Internet eingekauft. Im Jahr 2018 waren es laut Statistischem Bundesamt bereits mehr als doppelt so viele, die für private Zwecke ihre Bestellungen virtuell aufgegeben haben – und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Hierbei gibt es zwischen den Altersgruppen große Unterschiede.

So geben 58 Prozent der unter 35-Jährigen an, in ihrer Freizeit wenigstens einmal im Monat online zu shoppen, dagegen nur 19 Prozent der über 55-Jährigen. Obwohl eine Zunahme des Online-Shoppings erkennbar ist, kaufen nach wie vor mehr als vier von fünf Deutschen lieber in stationären Geschäften als online ein.

Die Motive der Online-Einkäufer lassen sich in die Kategorien „Service“ und „Warensortiment“ einteilen. So führen neun von zehn Online-Shoppern die Bequemlichkeit, 24 Stunden am Tag an sieben Tagen in der Woche alles von daheim oder auch von unterwegs mit dem Smartphone erledigen zu können, als ein zentrales Argument an.

Die damit einhergehenden Prämissen lassen sich unter dem Begriff „Serviceleistungen“ subsumieren. So empfinden die Kunden es als eine große Erleichterung, ohne zeitliche Einschränkungen einkaufen zu können. Auch die in den letzten Jahren stetig erweiterten Ladenöffnungszeiten können diesen Vorteil nicht ausgleichen. Gerade hinsichtlich flexiblerer Arbeitszeiten ist es für Viele wichtig, auch nach Feierabend sowie an Sonn- und Feiertagen, die Möglichkeit zum Einkaufen zu haben.

Zudem bieten die schnellen Vergleichsmöglichkeiten der einzelnen Produkte einen weiteren Vorteil. Zum Service wird außerdem die schnelle Lieferung gezählt, die lange Einkaufswege und beschwerliches Tragen obsolet machen. Mehrheitlich nutzen Kunden zudem die Möglichkeit, die Berichte von anderen Käufern zu lesen, und vertrauen diesen mehr als den Aussagen von Verkäufern in Geschäften. Darüber hinaus bemängeln sie auch, von Verkäufern oftmals nicht genügend Zeit zu erhalten, um in Ruhe entscheiden zu können.

Hinsichtlich der online angebotenen Produkte werden von mehr als zwei Dritteln der Bevölkerung die finanziellen Vorzüge genannt. Zahlreiche Sonderaktionen und Rabatte sind gerade für Konsumenten mit geringen finanziellen Mitteln ein wichtiges Argument für den Onlinekauf. Für mehr als jeden Zweiten ist zudem das größere Warensortiment von besonderer Bedeutung. Die enorme Produktauswahl bietet nicht nur die gewünschten Artikel, sondern hält auch zahlreiche alternative Vorschläge parat. Des Weiteren können die unterschiedlichsten Produkte schnell angesehen werden. Der Kunde benötigt nur wenige Klicks für seinen Einkauf, ohne weite Wege zurücklegen zu müssen.

Die Beliebtheit des stationären Handels bleibt jedoch ungebrochen groß und die Motive der stationären Einkäufer, in Fußgängerzonen und Shopping-Centern, sind zahlreich. So genießen es 85 Prozent der in Geschäften einkaufenden Kunden, die Produkte direkt begutachten zu können. Bilder, Beschreibungen und Kundenbewertungen im Netz reichen ihnen nicht aus, sie möchten stattdessen die Artikel anfassen, an- und ausprobieren. Zu einem erfolgreichen Einkauf gehört für sie dazu, die Produkte auch sofort mit nach Hause nehmen zu können.

Im Kontext der Serviceleistungen ist für über die Hälfte der Käufer die Beratung in den jeweiligen Geschäften bzw. Fachabteilungen von großer Bedeutung. Sie vertrauen keinen anonymen Onlinebewertungen, sondern bevorzugen eine persönliche Beratung, die sich nicht nach Algorithmen richtet, sondern auf die individuellen Bedürfnisse eingeht. Zum guten Service zählt dabei auch die unkomplizierte Möglichkeit des Umtausches.

Eher in den Bereich der politischen oder moralischen Überzeugung gehören die Aspekte des Vertrauens und der Unterstützung der lokalen Wirtschaft. So vertraut jeder fünfte stationär einkaufende Kunde den digitalen Händlern nicht. Ihnen fehlen der persönliche Bezug und die Transparenz in Hinblick auf Unternehmensvorgänge und Produktdetails. Zudem reagieren sie sensibel auf ein Stadtbild, in dem immer öfter gerade kleine Geschäfte nicht mehr bestehen können. Mit ihrem Einkauf möchten sie entsprechend den Handel vor Ort unterstützen.

„Die Konsumenten wollen und werden auch in Zukunft weiterhin das Internet nutzen, um dort zu stöbern und einzukaufen. Aber noch lieber werden sie die Geschäfte vor Ort besuchen, da diese ihnen etwas bieten, dass sie online niemals finden werden: die Möglichkeit, alle Sinne zu nutzen, Erlebnis und Einkauf zu verbinden sowie den persönlichen Kontakt zu Mitmenschen. Wenn dies weiterhin geboten wird, bleibt Online-Shopping auch zukünftig nur eine Ergänzung und kein Ersatz für den stationären Handel“, so Professor Dr. Ulrich Reinhardt, Wissenschaftlicher Leiter der Stiftung für Zukunftsfragen.

Nachhaltigkeit wird wichtiger – Sharing is Caring

Die Idee, Gebrauchsgegenstände zu verleihen, auszuleihen, zu verschenken oder mit anderen zu teilen, ist längst mehr als ein Nischentrend. Mehr als jeder zweite Deutsche ist bereit, sich Dinge auszuleihen, aber auch selbst Gegenstände zu verleihen – und das unabhängig vom Alter.

Insgesamt lassen sich bei den Motiven für das gemeinsame Nutzen fünf übergeordnete Vorteile anführen:

1. Leihen ist gut für die Umwelt

Nachhaltigkeit steht für drei Viertel der Bevölkerung an erster Stelle. Die Bürger teilen, um die Produktion von nur temporär genutzten Waren zu vermindern und dadurch die natürlichen Ressourcen zu schonen. Hierzu zählt auch der Wunsch, die Abfallmengen und deren problematische Lagerung und Vernichtung zu reduzieren.

2. Leihen spart Geld

Für mehr als zwei Drittel haben finanzielle Aspekte eine hohe Relevanz, besonders bei technischen Geräten oder besonderer Garderobe. So mancher kann dadurch auch Produkte nutzen, die sonst das Budget sprengen würden. Allgemein eignen sich zum Teilen nicht täglich genutzte Gegenstände mit einem hohen Anschaffungswert am besten.

3. Leihen stärkt die Flexibilität und schafft Freiräume

Zwei Drittel begrüßen am Teilen, dass sie sich von nicht genutzten Dingen befreien und so mehr Platz und Stauraum für Wichtiges erhalten.

4. Teilen macht glücklich

Zwei von fünf Befragten nennen die individuelle Zufriedenheit als wichtigstes Motiv beim Sharing.

5. Leihen verbindet Menschen

Weitere wichtige Motive für das gemeinsame Nutzen sehen die Bürger in den sozialen Aspekten, die damit verbunden sind. Hierunter sind vor allem mit rund zwei Drittel Zustimmung die Förderung der Gemeinschaft und das eigenverantwortliche Agieren mit 55 Prozent zu nennen.

Professor Reinhardt: „Durch das Teilen lässt sich nicht nur Geld sparen. Auch lassen sich soziale Kontakte herstellen und vertiefen. Zudem werden Erfahrungen weitergegeben und gemeinschaftliche Aktivitäten unternommen. Leihen basiert auf Vertrauen und fördert das gesellschaftliche Miteinander, das gerade in Zeiten einer zunehmenden Anonymisierung und Individualisierung eine steigende Relevanz erfährt“. 

Service als Gegengewicht zur Digitalisierung

„Ein Unternehmen, das sich uneingeschränkt dem Service widmet, hat nur eine Sorge bezüglich der Gewinne. Sie sind unangenehm groß.“ Dieser Ausspruch von Henry Ford ist rund 100 Jahre alt und hat dennoch wenig von seiner Aktualität verloren. Wer heute und auch morgen noch zufriedene Kunden begrüßen möchte, muss stets die sich wandelnden Kundenwünsche erfüllen.

Eine allgemeine Kundenzufriedenheit lässt sich schon lange nicht mehr nur an einer möglichst breiten Angebotsauswahl festmachen. Von entscheidender Bedeutung ist es, auch einen guten Service anzubieten. Zu diesem zählen beispielsweise eine kundenfreundliche Ausstattung, eine übersichtliche Gestaltung der Verkaufsräume sowie geringe Wartezeiten beim Bezahlen; vor allem aber zugewandte, freundliche, kompetente und geduldige Verkäufer. Dieser Erwartungshaltung der Kunden ist sich der Handel in den letzten Jahren bewusst geworden und die Investitionen zahlen sich aus. So stimmen aktuell immerhin 48 Prozent der Bundesbürger dem Slogan „Der Kunde ist König“ zu – und damit deutlich mehr als noch 2010 (27%).

„Guter Service wird in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein, um Kunden für sich zu gewinnen und zu binden. Der stationäre Handel kann den Preiskampf gegen das Internet nicht gewinnen“, so Ulrich Reinhardt.

Zudem rechnet es sich ganz einfach, guten Service anzubieten. So sind fast zwei Drittel der Deutschen bereit, für eine persönliche Beratung etwas mehr Geld auszugeben; Männer ebenso wie Frauen und Haushalte mit einem geringen Einkommen ebenso wie solche mit mehr finanziellen Möglichkeiten. Lediglich die jüngeren Käufergruppen zeigen eine etwas geringere Bereitschaft, wohin gegen Bürger im höheren Alter zu fast drei Viertel hierzu bereit wären.

Zur Studie „Zukunft des Konsums“

Der Konsum der Deutschen boomt. Und dennoch steht er vor zahlreichen Herausforderungen und Veränderungen. Welche Auswirkungen werden Digitalisierung, demografischer Wandel, Service, Nachhaltigkeit oder neue Angebote auf den Konsum der Zukunft haben? Diesen und weiteren spannenden Fragen widmet sich die gemeinsame Publikation der Stiftung für Zukunftsfragen und der ECE.

Getreu dem Stiftungsgrundsatz „Die Welt im Wandel – der Mensch im Mittelpunkt“ wurden zukunftsbezogene Meinungsbilder der deutschen Bevölkerung repräsentativ erhoben und analysiert. Die Ergebnisse spiegeln nicht nur das gegenwärtige Konsumverhalten der Bundesbürger wider, sondern präsentieren auch plausible Prognosen in den vier Kapiteln „Deutschland im Wandel“, „Der Handel“, „Der Kunde“ sowie „Blick in die Zukunft“.

Das Buch bietet somit einen einzigartigen Einblick in das Konsumverhalten und Zukunftsdenken der Deutschen – sowohl für den Handel als auch jeden Bürger – und veranschaulicht, wie die Konsumwelt von morgen aussehen könnte beziehungsweise sollte.

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

Tel. 040/4151-2264
Fax 040/4151-2091
guels@zukunftsfragen.de

Beitrag teilen:

Ähnliche Beiträge

  • Freizeit aktuell, 81

    20. Juni 1989

  • Freizeit aktuell, 80

    25. Mai 1989

  • Freizeit aktuell, 79

    27. April 1989

  • Der Freizeitbrief, 78

    2. März 1989

  • Der Freizeitbrief, 77

    13. Februar 1989

  • Der Freizeitbrief, 76

    24. Januar 1989

  • Der Freizeitbrief, 75

    15. Dezember 1988

  • Der Freizeitbrief, 74

    15. November 1988

  • Der Freizeitbrief, 73

    25. Oktober 1988

  • Der Freizeitbrief, 72

    27. September 1988

  • Der Freizeitbrief, 71

    16. August 1988

  • Der Freizeitbrief, 70

    21. Juni 1988