Die Deutschen zwischen Sparen und Verschwenden 

Freizeit aktuell, 85

31. Oktober 1989

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Die Deutschen zwischen Sparen und Verschwenden

Für über 20 Millionen ist Konsumieren auch Freizeiterlebnis

Freizeit, Wohlstand und Wertewandel verändern die Konsumgewohnheiten der Deutschen. Über 20 Millionen Bundesbürger zählen sich heute zu den Erlebniskonsumenten: Sie leisten sich in ihrer Freizeit Außergewöhnliches, auch wenn sie dafür gelegentlich zu viel Geld ausgeben oder gar über ihre Verhältnisse leben. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Repräsentativerhebung des BAT Freizeit-Forschungsinstituts, in der 2.000 Personen ab 14 Jahren ihr eigenes Konsumverhalten bewerten sollten.

Trotz dieses Trends zum Erlebniskonsum hat für die Mehrheit der Deutschen (26,1 Mio.) Konsumieren auch in der Freizeit nur eine Versorgungsfunktion: Gekauft wird das, was notwendig ist und man sich leisten kann.

Konsumerlebnisse immer gefragter

Allerdings scheint der deutsche „Otto-Normalverbraucher“ alt zu werden. Während die Generation der über 50jährigen überwiegend am Prinzip des Versorgungskonsums festhält, tendiert die jüngere Generation mehrheitlich zum Erlebniskonsum.

Insgesamt ist für 42 Prozent der Bundesbürger Konsumieren auch ein Freizeiterlebnis. Sie haben und genießen ihren Wohlstand. Der Luxus von gestern – Auto, Sekt, Farbfernseher und Urlaubsreise – ist für sie zum Normalverbrauch von heute geworden. Sie leben mit vollen Kleiderschränken und sind auf der Suche nach Outfits, die Prestige verheißen und Lebensart demonstrieren.

So gehen 10,1 Millionen Bundesbürger (21 %) in ihrer Freizeit gezielt auf die Suche nach einem „schöneren Leben“. Konsumieren heißt für sie, vielseitigen Interessen nachzugehen – vom Restaurant- und Theaterbesuch bis zur Wochenendreise. Das verdiente Geld hilft ihnen dabei, sich in der Freizeit Dinge zu leisten, die für sie persönlich wichtig sind.

Allerdings: Wer unter 2.000 DM verdient (10 %) hat deutlich geringere Realisierungschancen, sich das Leben so schön wie möglich zu machen, als Bezieher von Einkommen über 3.500 DM (27 %). Gleiches gilt für Singles (26 %) oder kinderlose Paare (36 %).

Vor allem Jugendliche wollen in ihrer Freizeit „Spaß haben, egal was es kostet“. Insgesamt leben 4,4 Millionen Bundesbürger (9 %) nach dieser Devise.

Weitere 3,4 Millionen (7 %) leisten sich in ihrer Freizeit zwar „öfter mal was Neues“, leben jedoch nach dem Grundsatz: „Was ich hier zu viel ausgebe, spare ich im täglichen Leben wieder ein“. 

Luxus-Konsum nur für eine Minderheit

1,5 Millionen Bundesbürger kaufen sich in ihrer Freizeit leidenschaftlich gern schöne Sachen. Und es stört sie nicht, wenn sie dabei „manchmal über ihre Verhältnisse leben“. Dann müssen eben Sparbücher geplündert oder Kredite in Anspruch genommen werden. Überwiegend praktizieren Singles im Alter von 25 bis 49 Jahren diese Konsumhaltung. Für viele Singles gehören Geldausgeben und Glücksgefühl zusammen. Und nicht wenige konsumieren aus Frust heraus, als Ersatz für ein gutes Lebensgefühl.

Letztlich ist für knapp 1 Million Bundesbürger Freizeitkonsum gleichbedeutend mit Luxuskonsum. Selbständige und Freiberufler sowie Angestellte und Beamte in leitenden Positionen sind in dieser Konsumentengruppe überrepräsentiert. Luxusansprüche wissen sie zu rechtfertigen: „Ich habe sie mir schließlich verdient und will in meiner knapp bemessenen freien Zeit etwas vom Leben haben“. Sie müssen aber zugleich auch die Erfahrung machen, daß Luxus nicht nur eine Sache ist, die man kaufen kann. Die freie Verfügbarkeit über Zeit wird immer kostbarer.

So bleiben die Chancen in der Bevölkerung ungleich verteilt: Die einen haben Zeit, aber wenig Geld. Die anderen haben Geld, aber keine Zeit.

Die Mehrheit muß rechnen

Für die Mehrheit der Befragten finden Konsumlust und Kaufrausch nicht statt. Sie müssen haushalten und sparen. Von den 48,3 Millionen Bundesbürgern (über 14 Jahre) konsumieren 17,9 Millionen in ihrer Freizeit wie im normalen Leben auch. Sie kaufen sich nur das, was notwendig ist. Dies trifft vor allem für die Kriegsgeneration zu, für die Konsum nach wie vor mehr mit Lebensnotwendigkeit als mit Lebensfreude verbunden ist . Konsum hat für sie keinen Selbstzweck.

Weitere 4,8 Millionen Bundesbürger achten auf Freizeitbeschäftigungen, „die wenig kosten“. Und bei 3,4 Millionen reicht das Haushaltsbudget gerade zur täglichen Versorgung. Für besondere Freizeitausgaben bleibt kein Geld.

Wortlaut der Fragestellung

Es gibt verschiedene Auffassungen darüber, was man in seiner Freizeit macht und wieviel Geld man bereit ist, dafür auszugeben. Wenn Sie an Ihre eigene Situation denken: Welcher der folgenden Aussagen könnten Sie persönlich am ehesten zustimmen? (Nur eine Nennung möglich!)

  1. In meiner Freizeit will ich viel mit Freunden zusammen sein und Spaß haben – egal was es kostet.
  2. In meiner Freizeit kaufe ich mir gerne schöne Sachen, auch wenn ich manchmal über meine Verhältnisse lebe.
  3. In meiner Freizeit will ich mir öfter mal was Neues leisten und Außergewöhnliches erleben. Was ich hier zu viel ausgebe, spare ich im täglichen Leben wieder ein.
  4. Ich will und muß sparen und achte auf Freizeitbeschäftigungen, die wenig kosten.
  5. In der Freizeit gehe ich meinen vielseitigen Interessen nach. Hier leiste ich mir in erster Linie Dinge, die für mich persönlich wichtig sind und mein Leben schöner machen.
  6. Mein Haushaltsbudget reicht gerade zur täglichen Versorgung. Für besondere Freizeitausgaben bleibt mir kein Geld.
  7. In meiner Freizeit leiste ich mir gern höherwertige und teure Konsumgüter. Ich habe sie mir schließlich verdient und will in meiner knapp bemessenen freien Zeit etwas von Leben haben.
  8. In meiner Freizeit konsumiere ich wie im normalen Leben auch: Ich kaufe nur das, was notwendig ist und ich mir auch leisten kann.

Befragungszeitraum: 31. August bis 11. September 1989
Repräsentativbefragung von 2000 Bundesbürgern ab 14 Jahren

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
Pressesprecherin

Tel. 040/4151-2264
Fax 040/4151-2091
guels@zukunftsfragen.de

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