„Wir wollen unsere Ruhe wiederhaben“
Auf der Flucht vor TV-Action und Kontakt-Streß
Wenn es nach den Wünschen der Bundesbürger geht, dann könnten die 90er Jahre von einern neuen Lebensstil geprägt sein: Mehr Ruhe für sich und weniger Freizeitaktionismus mit anderen, mehr Zeit für kulturelle Interessen und weniger Jagd durch die Fernsehkanäle. Hier deuten sich erste Reaktionen auf den Erlebnis-Streß der 80er Jahre an. Dies geht aus einer neuen Repräsentativumfrage des BAT Freizeit-Forschungsinstituts hervor, in der 2.000 Personen ab 14 Jahrennach ihren Zukunftswünschen und ihrem gegenwärtigen Freizeitverhalten befragt wurden.
Heute bestimmen Fernsehleidenschaft und Kontaktzwänge im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis den Freizeitalltag der Deutschen: Fernsehen (87 %), Beschäftigung mit der Familie (62 %), Zusammensein mit Freunden (59 %) und private Verpflichtungen gegenüber Bekannten (47 %) führen egenwärtig noch die Rangskala der häufigsten Freizeitbeschäftigungen an.
Von der pausenlosen Kommunikation zur kultivierten Ruhe?
Ganz im Gegensatz dazu die persönlichen Ansprüche an die 90er Jahre: Der Fernsehkonsum soll drastisch reduziert werden. Auch die Freizeitgestaltung mit anderen soll ihre heute noch dominierende Bedeutung verlieren. Standen Familie, Freunde und Bekannte bisher für jeden zweiten Deutschen im Mittelpunkt der freien Zeit, so wünscht sich dies für die Zukunft nur jeder Dritte. Der Eindruck entsteht: Das Fernsehen raubt und die anderen verhindern eine Freizeit nach eigenen Vorstellungen.
Gesucht werden Rückzugsmöglichkeiten und weniger Beziehungsstreß. Man will seine Ruhe wiederhaben. „Nach der Wunschvorstellung der Bevölkerung müßten die 90er Jahre eigentlich ein privatistisches Frei-Zeitalter werden“, so Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, der Leiter des BAT Instituts. Als Reaktion auf die unruhigen 80er Jahre entsteht ein Wunschbild von Ruhe und Geborgenheit. Doch die Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist groß, fast zu groß. Als Ausdruck ganz persönlicher Unzufriedenheit ist auch das Bedürfnis zu werten, in Zukunft mehr Zeit für die persönliche Weiterbildung zu haben, Freizeit- und Ferienakademien zu besuchen und von der Vielfalt des Kulturangebots mehr Gebrauch zu machen.
Falls nicht das Festhalten an alten Gewohnheiten den eigenen Zukunftsplänen im Wege steht oder die selbstauferlegte Ruhe den Bundesbürgern auf die Nerven geht, könnte nach Ansicht des B·A·T Instituts „Tu was für dich selbst“ das Motto der kommenden Jahre werden.
Wortlaut der Fragestellung
Realität: „Hier auf diesen Karten stehen verschiedene Dinge, die man in seiner Freizeit tun kann. Suchen Sie bitte die heraus, die Sie in der letzten Woche oder am Wochenende ausgeübt haben.“
Wunsch: „Einmal angenommen: Sie hätten in Zukunft viel mehr Freizeit. Was würden Sie dann vor allem tun?“