Zweiturlaubsboom trotz Kriege, Krise und Klimawandel
Chart der Woche, 2023-KW42
19. Oktober 2023
Ergebnis
In zahlreichen Bundesländern sind derzeit Herbstferien. Zwei Wochen lang ausschlafen, keine Schule und wenn möglich ein paar Tage den Alltag hinter sich lassen und wegfahren. 29 Prozent der Bundesbürger planen dieses Jahr wenigsten zweimal ihre Koffer zu packen und zu verreisen. Hierbei hat das Haushaltseinkommen einen entscheidenden Einfluss auf die Reisefrequenz. Sind fast zwei Drittel der Besserverdienenden mehrmals pro Jahr unterwegs, kann sich diesen Luxus nur etwa jeder zehnte Geringverdienerhaushalt leisten.
Auf der anderen Seite zeigt sich jedoch auch die Bedeutung des Urlaubs insgesamt: So plante vor fünf Jahren nur etwa jeder siebte Bundesbürger mehrmals im Jahr zu verreisen und vor zehn Jahren lediglich jeder Zehnte.
Gründe
Die gravierenden Unterschiede im Reiseverhalten zwischen Besserverdienenden und Geringverdienern lassen sich vor allem auf das Haushaltseinkommen und vorhandene Rücklagen zurückführen. Besserverdienende Haushalte verfügen über ein deutlich höheres Einkommen, was es ihnen ermöglicht, häufiger Urlaube zu planen und zu finanzieren. Bei Geringverdienern reicht das Urlaubsbudget dagegen – wenn überhaupt – lediglich für eine Reise pro Jahr.
Die Steigerung der Reisefrequenz im Jahresvergleich steht zweifellos im Kontrast zu aktuellen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unsicherheiten wie steigenden Kriegsängsten, Inflationsbedenken, Klimawandel oder Sparmaßnahmen. Sie allein mit einem Coronanachhochbedürfnis zu erklären, greift zu kurz. Vielmehr zeigt sie die Sehnsucht nach Erholung, die Bedeutung von Reisen als Kontrast zum Alltag, sowie den höheren Stellenwert des Unterwegsseins gegenüber anderen Lebensbereichen oder Anschaffungen. Die hier genannten Gründe, gepaart mit einem laut Studien steigendem Stresslevel seitens vieler Arbeitnehmer, vergrößern den Wunsch nach weiteren Urlauben und Auszeiten im Jahr.
Prognose
Die Spaltung der Gesellschaft wird sich vermehrt auch immer stärker beim Reisen zeigen: Während ein Teil der Bevölkerung zukünftig noch häufiger unterwegs sein wird, wird die Quote von Mehrfachurlaubern mit einem geringen Einkommen bestenfalls stagnieren. Die Reisebranche wird hierauf reagieren (müssen) und zukünftig mehr Angebote im 1 und 2 Sterne Bereich offerieren.
Langfristig können alle im Tourismussektor tätigen Unternehmen von steigenden Gästezahlen ausgehen. Zu hoch ist der Stellenwert des Verreisens, zu groß das Interesse unterwegs zu sein, zu wichtig die Erholung und zu attraktiv die Reiseziele, um nicht auch zukünftig möglichst oft die Koffer zu packen. Dabei werden zweifelslos die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen eine große Rolle spielen, aber wie nach jeder wirtschaftlichen Rezession werden auch zukünftig Jahre des Wirtschaftswachstums und des gesellschaftlichen Wohlstandes normal sein