Umwelt, Mobilität und Tourismus 

Forschung aktuell, 139

9. Februar 1998

(inkl. Grafiken wenn vorhanden)

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Umwelt, Mobilität und Tourismus

8. Gesamtdeutsche Tourismusanalyse
Reisejahr 1997: Ungebremste Reiselust, aber sinkende Reisedauer

Die Deutschen wollten es noch einmal wissen. Trotz wachsender Arbeitslosigkeit und sinkender Realeinkommen stieg die Reiselust der Deutschen im vergangenen Jahr: "Bloß weg!" sagten 53 Prozent der Bevölkerung und leisteten sich 1997 eine Urlaubsreise von mindestens 5 Tagen Dauer (im Jahr zuvor waren es nur 52 Prozent gewesen). Dennoch zeigte die wirtschaftliche Entwicklung erste Bremsspuren. Die Reiselust der Deutschen blieb zwar relativ stabil, aber ihre durchschnittliche Reisedauer sank- von 15,8 Tagen (1995) über 15,4 Tage im Jahre 1996 auf 15,0 Tage im vergangenen Jahr. Dies geht aus der achten Gesamtdeutschen Tourismusanalyse des Freizeit-Forschungsinstitutes der British American Tobacco hervor, in der 5.000 Bundesbürger ab 14 Jahren nach ihrem Urlaubsverhalten 1997 und ihren Reiseabsichten 1998 befragt wurden.

Die Reiselust ist ungebremst – die Reisedauer sinkt: "Mit diesem Spagat retten viele Bundesbürger ihre populärste Form von Glück auch über schwierige wirtschaftliche Zeiten hinweg", so Institutsleiter Prof. Dr. Horst W. Opaschowski. "Lieber kürzer als gar nicht verreisen. Eine Trotzreaktion, die mehr psychologisch als ökonomisch begründet ist." Nach dem Prinzip Sparreise statt Reiseverzicht lebt derzeit vor allem die ostdeutsche Bevölkerung. Ihre durchschnittliche Reisedauer von 12,7 Tagen lag 1997 deutlich unter dem westdeutschen Standard (15,6 Tage). Die neu gewonnene Reisefreiheit ist für sie zu einem Stück unverzichtbare Lebensqualität geworden.

Dies erklärt auch den vermeintlichen Widerspruch, warum im Urlaub mehr Westdeutsche als Ostdeutsche zu Hause bleiben. 41 Prozent Nichtreisenden in Westdeutschland stehen lediglich 38 Prozent Nichtreisende in den neuen Bundesländern gegenüber: Weil die Ostdeutschen eher bereit sind, kürzer zu verreisen und in den Komfortansprüchen bescheidener zu sein, ist ihre Reiseintensität auch etwas höher.

Der sich abzeichnende touristische Trend "Sparzwang bremst Reisedauer" bewirkt, daß aus den schönsten Wochen des Jahres zunehmend die schönsten Tage des Jahres werden. Die klassische Drei-Wochen-Reise kann sich nur noch eine Minderheit leisten: 19 Prozent aller Urlaubsreisenden bzw. lediglich etwa ein Zehntel (10,3 %) der Gesamtbevölkerung.

Inlandsreiseziele 1997: Deutsche entdecken die Ostsee wieder

"Gegen den Traum von der ewigen Sonne in den südlichen Urlaubsländern haben die inländischen Feriengebiete kaum eine echte Chance", so Professor Opaschowski. Auch im vergangenen Jahr kamen auf zwei Inlandsreisende (40 %) drei Auslandreisende (60 %). In dieser Hinsicht hat sich in den vergangenen Jahren wenig geändert. Konstanz ist angesagt: Auslandsreiseziele lassen sich nicht einfach durch Inlandsreiseziele ersetzen.

Die beliebtesten Inlandsreiseziele sind nach wie vor Bayern (7 %), Nordsee (7 %) und Ostsee (8 %). Im Vergleich zum Vorjahr fällt auf, daß die Deutschen, insbesondere die Westdeutschen) die Ostsee wiederentdecken. Die Ostsee an der schleswig-holsteinischen sowie mecklenburg- vorpommerschen Küste hat im vergangenen Jahr den bayrischen Feriengebieten den Rang abgelaufen. In den Vorlieben der west- und ostdeutschen Urlauber sind nur mehr geringfügige Unterschiede feststellbar. Die Westdeutschen fahren besonders gern an die Nord- und Ostsee. Die Ostdeutschen finden die Feriengebiete in Ostbayern, Oberbayern und Allgäu attraktiver. Hingegen sind die Feriengebiete in den neuen Bundesländern für sie immer weniger eine Reise wert. Jeder zweite Ostdeutsche (52 %) verbrachte noch 1990 dort seinen Urlaub; 1992 war es nur noch jeder fünfte (20 %). Und im vergangenen Jahr hielten sich gar nur mehr 13 Prozent der ostdeutschen Urlauber dort auf – ein neuer Tiefstand.

Auslandsreiseziele 1997: Spanien einsam an der Spitze

Im vergangenen Jahr ging die Sonne fast nur in Spanien auf. Jeder sechste bis siebte Urlaubsreisende (15 %) wählte spanische Gefilde als Reiseziel. Ein Jahr zuvor waren es nur elf Prozent gewesen. Die Zunahme von über einer Million zusätzlicher Reisender läßt Spanien einsam an der Spitze stehen. Vor allem die Ostdeutschen (1996: 5 % – 1997: 11 %) rücken immer näher an das Lieblingsziel der Westdeutschen (1996: 12 % – 1997: 16 %) heran. Institutsleiter Opaschowski: " Für jeden sechsten Westdeutschen gilt mittlerweise: `Spanien, Mallorca- und tschüß!´. Die wachsende Attraktivität spanischer Reiseziele macht den anderen Ferienregionen immer mehr zu schaffen."

Österreich hat unter dem Spanien-Trend am meisten zu leiden. Wie kein anderes Ferienland befindet sich Österreich seit einigen Jahren auf einer Talfahrt ohnegleichen: Im Vergleich zu 1990 hat sich der Anteil der deutschen Österreich-Urlauber halbiert (1990: 10 % – 1997: 5 %). Seit vier Jahren sinkt der Anteil der deutschen Urlauber kontinuierlich (1994: 8 % – 1995: 7 % – 1996: 6 % – 1997: 5 %). Italien nimmt- wie im Vorjahr auch (1996: 8 % – 1997: 8 %) – ungefährdet den zweiten Platz in der Gunst deutscher Auslandsreisender ein.

Der Sehnsucht der Deutschen nach Wärme, Ferne und Weite sind deutliche finanzielle Grenzen gesetzt. Weder die USA noch die Karibik (einschließlich Kuba und Dominikanische Republik) konnten ihren Anteil ausweiten. USA-Reisen stagnieren bzw. sind leicht rückläufig (1994: 3 % und 1995 bis 1997 je 2 %). Eher ist anzunehmen, daß die karibischen Reiseziele in naher Zukunft mehr gefragt sein werden (1994: 1 % und 1995 bis 1997 je 2 %).

Reiseabsichten 1998: Verunsicherung in der Bevölkerung

Sinkende Realeinkommen, steigende Sozialabgaben und sich abzeichnende Preissteigerungen lassen vielen Bundesbürgern immer weniger Spielraum für Urlaubsausgaben. 1998 werden viele Urlaubskoffer im Schrank bleiben. Die Reiselust der Deutschen bekommt einen spürbaren Dämpfer. So verunsichert wie in diesem Jahr waren die Deutschen schon lange nicht mehr. Fast jeder vierte Bundesbürger (23 %) will auf keinen Fall verreisen, was im Vergleich zu den Vorjahren (1996: 21 % -1997: 22 %) auf einen stetigen Anstieg schließen läßt. Genauso große Sorgen wird der Reisebranche die wachsende Unsicherheit der Bundesbürger bereiten (1996: 27 % – 1997: 28 % – 1998: 29 %), die sich also noch unsicher sind, ob sie verreisen wollen oder können.

Sicher kein Grund zur Krisenstimmung, aber die Boomzeiten im Tourismus sind erst einmal vorbei. Nur knapp jeder zweite Bundesbürger (48 %) will in diesem Jahr weg oder sitzt bereits auf gepackten Koffern- im Vergleich zu den Vorjahren (1996: 52 % – 1997: 50 %) ein spürbarer Rückgang. Die Deutschen sind keineswegs reisemüde. Sie haben eher mit dem Problem zu kämpfen, daß ihre Reiselust mitunter größer als ihr Reisebudget ist. Kommt nach dem 97er Zwischenhoch in der kommenden Reisesaison die Flaute?

Manche Anzeichen deuten darauf hin, daß die Deutschen auf dem Wege in das Jahr 2000 zwar Weltklasse im Verreisen bleiben, aber nicht mehr Weltmeister im Geldausgeben bei Auslandsreisen sein können. Denn: 1998 sparen die Deutschen – auch am Urlaub! Die Devise ist klar: Kürzer reisen zu günstigeren Preisen.

Reiseziele 1998: Viel Sonne für wenig Geld

Die Repräsentativumfrage des Freizeit-Forschungsinstituts der British American Tobacco zu den für 1998 geplanten Reisezielen ergibt: Nicht einmal jeder vierte Bundesbürger mit festen Reiseabsichten (23%) will Urlaub im eigenen Land machen. Mehr als drei Viertel aber wollen unbedingt ins Ausland reisen. Wie in den Vorjahren auch bleibt Spanien das Lieblingsreiseziel der Deutschen. Jeder siebte Bundesbürger, der in diesem Jahr verreisen will, wählt dieses Reiseziel (14%). Es folgen in der Wunschliste Österreich (8%) und Italien (8%). Wenn der Wunsch auch Wirklichkeit wird, könnte Österreich wieder Pluspunkte sammeln. Der große Verdrängungswettbewerb mit den anderen Ferienländern aber bleibt – insbesondere zwischen Griechenland (6%), der Türkei (5%), Skandinavien und Frankreich (jeweils 4%).

Beim Vergleich der Reiseabsichten zum Vorjahr fällt auf, daß Tunesien und Marokko wieder im Kommen sind (1997: 1% – 1998: 3%). Hier ist die Sonne garantiert und offensichtlich die Bezahlbarkeit auch. Und der notwendige Kontrast zum Alltag ist durch Südländisches und Fremdländisches zugleich gegeben. Wunschreiseziele wie USA (1997: 3% – 1998: 2%) oder Karibik (1997: 3% – 1998: 2%) werden die Konkurrenz preiswerterer Sonnenziele zu spüren bekommen.
Denn das Fernweh ist für viele kaum mehr bezahlbar. Preisbewußt buchende Urlauber werden dafür sorgen, daß das ferntouristische Vorjahresniveau nur knapp erreicht, vielleicht sogar unterschritten wird. Ein ferntouristischer Boom ist nicht zu erwarten.

Bei den für 1998 geplanten Auslandsreisen setzen West- und Ostdeutsche wiederum ganz unterschiedliche Prioritäten. Westdeutsche favorisieren deutlich mehr als Ostdeutsche Reisen nach Spanien und Italien. Für die Ostdeutschen sind dagegen Reisen nach Ungarn, Tunesien und Marokko interessanter. Geldbeutel und Gewohnheiten entscheiden über die Reiseziele der kommenden Saison.

Landschaftszerstörung und -zersiedlung: Die Umweltsünden des Tourismus heute

Als Schwerpunktthema der aktuellen Tourismusanalyse greift das Freizeit-Forschungsinstitut der British American Tobacco eine der zentralen Fagen aus den achtziger Jahren wieder auf: Umweltbewußtsein und -verhalten der Urlauber. Was hat sich seither geändert? Zunächst: Im Umweltbewußtsein der Bundesbürger zeichnet sich eine deutliche Trendwende ab. Die Wahrnehmung von Luft und Wasser verliert an Bedeutung. Gleichzeitig hat in den letzten Jahren die Angst vor touristischen Landschaftszerstörungen, zum Beispiel durch Skipisten und Liftanlagen, die nachhaltige Schäden hinterlassen, deutlich zugenommen (1986: 48 % – 1997: 58 %). Dabei wächst die Einschätzung der Umweltbelastung mit dem Bildungsgrad (Volksschulabsolventen: 58 % – Hochschulabsolventen: 67 %). "Mit einer Expansion des Urlaubstourismus ist immer auch Landschaftsfraß verbunden", so Professor Opaschowski. "Mit der Umwandlung von Natur in allgemein zugängliche Feriengebiete wird zwangsläufig Unberührtes berührt, freie Landschaft wird verhäuselt und der freie Zugang zu Seeufern und Meeresküsten vielfach versperrt."

Eine weitere Belastung für die Landschaft wird in der Parahotellerie gesehen, d.h. den Zweitwohnungen und ihrer Kommerzialisierung durch private Vermietung. Seit Jahren ist eine explosionsartige Zunahme der nicht-hotelmäßigen Beherbergungsform festzustellen: Wochenendhäuser und Ferienwohnungen "zersiedeln" die Landschaft. Die Landschaftszersiedelung wird von jedem zweiten Bundesbürger (1986: 44 % – 1997: 48 %) als großes bzw. sehr großes Umweltproblem angesehen. Der durchschnittliche Landverbrauch durch Freizeit- und Urlaubsmobilität ist hoch. Für einen Hotelgast müssen etwa 30 Quadratmeter Land erschlossen werden, für einen Camper 50 Quadratmeter und für einen Zweitwohnungsbesitzer über 160 Quadratmeter.

Zu den weiteren Umweltsünden des Tourismus zählt die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (70 %) nach wie vor die Landschaftsverschmutzung, die durch Ausflügler und Urlauber verursacht wird. An dieser Einschätzung hat sich in den letzten zehn Jahren nichts verändert (1986 ebenfalls 70 %). Was den Tatort Natur nach Meinung der Bevölkerung so problematisch macht, ist die Sichtbarkeit der Missetat, der bleibende Schandfleck, die Menge und die Dauerhaftigkeit des Übels (z.B. bei Plastiktüten).

Viele Umweltbewußte, wenige Verhaltensänderer: Ein Zeitvergleich der 80er und 90er Jahre

Es gibt nach wie vor viele Umweltbewußte, aber nur wenige Verhaltensänderer. Die neue Umfrage weist nach: Die Bundesbürger schwanken heute wie vor zehn Jahren zwischen Abwehr und Rückzug auf das Grundsätzliche. Die Neigung ist groß, die Lösung der Umweltprobleme erstens im Grundsätzlichen und zweitens bei anderen zu suchen. Groß ist die Angst vor Beschneidungen der persönlichen Spontanität und Freiheit – die Angst, nicht mehr vom Wege abkommen zu dürfen. Wenn es ernst, d.h. persönlich wird, reagieren die meisten Bundesbürger nach wie vor mit Ausweichtendenzen.

Die größte Akzeptanz finden zunächst einmal die Verhaltensformen, die relativ einfach und bequem, also ohne großen Aufwand praktiziert werden können. 76 Prozent nehmen bei Ausflügen grundsätzlich ihre Abfälle mit nach Hause (7 Prozentpunkte weniger als 1984). Jede zweite (51 %) informiert sich gezielt über Umweltprobleme, was im Zeitvergleich zu 1984 einen Rückgang von zehn Prozentpunkten bedeutet. Vielleicht ist heute der Informationsgrad höher bzw. die psychologische Sättigungsgrenze erreicht: Man will nicht ständig mit Umweltproblemen konfrontiert werden.

Darüber hinaus ist eine deutliche, wenn auch nicht revolutionäre Verhaltensänderung feststellbar: Zwei Drittel (66 %) der Touristen laufen beim Wandern nicht mehr querfeldein. 1984 waren es nur 58 % gewesen. Und jeder zweite (56 % – 1984: 43 %) sucht keine abgelegenen Natur- und Landschaftsgebiete mehr auf. Professor Opaschowski: "Insgesamt gesehen ist die ökologische Opferbereitschaft der Bevölkerung nach wie vor relativ gering, weil Urlaubsaktivitäten immer auch persönliche Lebensqualität bedeuten – und zwar hier und jetzt und nicht erst morgen." Neben den Umweltschutzgedanken stellen die Bundesbürger subjektiv den Urlaubsqualitätsgedanken. In ihren Augen ist die eigene Urlaubsqualität fast genauso erhaltens- und schützenswert wie die Umwelt.

"Nicht ich, der Staat soll etwas tun!"
Vom Bauverbot bis zum Fahrverbot

91 Prozent der Bevölkerung befürworten eine breite Aufklärung und Information über freizeittouristische Umweltbelastungen. Weitere 89 Prozent fordern gezielte Lern- und Unterrichtsprogramme in Schulen. Die hohen Zustimmungswerte sind verständlich, denn sie verlangen von einem einzelnen weder Opfer- noch Verzichtsbereitschaft. Mehr Informationen können nicht schaden – tun auch nicht weh.

Fast mehrheitsfähig ist inzwischen auch eine ungewöhnliche umwelt- und verkehrspolitische Förderungsmaßnahme geworden. Die Einführung eines flexiblen Wochenendes, bei dem Arbeitnehmer freiwillig wählen können zwischen einem freien Freitag / Samstag oder Samstag / Sonntag oder Sonntag / Montag zur Entlastung der Umwelt (1984: 39 % – 1997: 50 %). Die Realisierung einer solchen Maßnahme würde nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gastronomie, die Hotellerie, die Freizeit- und Naherholungsanlagen und schließlich die Wochenendurlauber selbst entlasten.
Aus einem gewissen Obrigkeitsdenken heraus werden vom Staat zum Teil drakonische Sanktionsmaßnahmen gefordert. Dazu gehören:

  • Fahr- und Parkverbote in Naherholungsgebieten, Freizeit- und Naturschutzparks (1984: 74 % – 1997: 75 %);
  • Siedlungs- und Bauverbote in freier Landschaft (1984: 67 % – 1997: 69 %);
  • Tempolimit 30 km in der näheren Umgebung von Naherholungsgebieten, Freizeit- und Naturschutzparks (1984: 60 % – 1997: 73 %);
  • Verbot, sich im Wald und in Naturschutzgebieten außerhalb öffentlicher Wege aufzuhalten (1984: 56 % – 1997: 72 %).

Die meisten Bundesbürger fühlen sich bei der touristischen Umweltdiskussion mehr als Betrofffene und Leidende und nicht so sehr als Verantwortliche. Zur Lösung der Probleme vertrauen sie eher auf staatliche Reglementierungen und Verbote, ja warten beinahe auf den Anstoß von oben. Der Ruf nach "law and order"- vom Bauverbot über das Fahrverbot bis hin zum Wanderverbot – hat seit den 80er Jahren deutlich zugenommen.

Das Thema Umwelt ist bei den Urlaubern keineswegs out. Ganz im Gegenteil: Die Umweltdiskussion hat die Urlauber eher sensibler gemacht. Sie erwarten jetzt auch mehr – von der Politik und den Reiseveranstaltern natürlich, nicht etwa von sich selbst. Ansonsten macht der Zeitvergleich der achtziger und neunziger Jahre deutlich: Die Umweltmoral wird auf dem Weg des geringsten Widerstandes in praktisches Urlaubsverhalten umgesetzt. Umweltschutz darf im Urlaub nicht unbequem oder gar spürbar sein.

"Für, nicht gegen die Interessen der ansässigen Bevölkerung"
Neue Ansätze einer nachhaltigen Tourismuspolitik

Ein Urlauber in einem Luxushotel verbraucht vier- bis fünfmal so viel Wasser wie ein Einheimischer (130 l). So gesehen betrifft der übermäßige Ressourcenverbrauch von Wasser und Energie die Lebensinteressen der Einheimischen fundamental. Damit die Grundversorgung der Einheimischen nicht gefährdet wird, empfiehlt jeder zweite Bundesbürger (53 %), die Energie- und Wassereinsparung in touristischen Gebieten verpflichtend zu machen. Auch sollen gegen die Interessen der einheimischen Bevölkerung in Zukunft keine neuen Ferienanlagen mehr gebaut werden (65 %).

Die Tourismuskritik vollzieht derzeit eine qualitative Wende: Aus der überwiegend "grünen Kritik" am Tourismus und seine Folgewirkungen für Natur und Landschaft entwickelt sich eine ebenso konkret wie praktisch orientierte Tourismusethik, die mehr die Bereisten als die Reisenden im Blick hat. Der Tourismus wird nicht mehr nur als Natur- und Umweltkatastrophe verstanden und der Tourist nicht nur als Fremder oder Feind gesehen. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung (57 %) ist der Auffassung, daß die wirksamste Maßnahme zur Verhinderung negativer Folgewirkungen des Massentourismus darin besteht, die Interessen der ansässigen Bevölkerung zu berücksichtigen

Die Tourismusplanung der Zukunft wird sehr viel mehr eine Politik der Lebensqualität für die Einheimischen sein müssen. Die Einheimischen sollen selber entscheiden, wieviel wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Wohlstand sie in ihrer Wohnregion haben wollen. Denn die bekommen die Folgen – positiv wie negativ – ein Leben lang zu spüren, während die Touristenkarawane einfach weiterzieht.

siehe auch Verzeichnis aller Publikationen

Ihre Ansprechpartnerin

Ayaan Güls
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