Fernsehen wird zur Nebensache
Nur ein Drittel der Bevölkerung konzentriert sich ausschließlich auf das TV-Programm
Fernsehen ist nach wie vor eine der am häufigsten genannten Freizeitbeschäftigungen, doch nur mehr 35 Prozent der Bevölkerung geben an, sich voll auf das Programm zu konzentrieren. Die überwiegende Mehrheit der TV-Konsumenten wendet sich vom Bildschirm ab und anderen Dingen zu: Es wird gelesen und gegessen, gebügelt und gebastelt, man unterhält sich, telefoniert mit Freunden oder macht Schularbeiten. Und jeder zehnte Bundesbürger gibt zu, vor dem Fernseher zeitweilig einzuschlafen. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Repräsentativumfrage des BAT Freizeit- Forschungsinstituts. 2.000 Personen ab 14 Jahren wurden Ende März danach gefragt, ob sie an ihrem letzten Fernsehabend „nur ferngesehen“ haben oder nebenbei „mit anderen Dingen beschäftigt“ waren.
Fernsehalltag in den Familien
Während das TV-Programm läuft, gehen in vielen Haushalten die einzelnen Familienmitglieder ihren persönlichen Beschäftigungen nach – so als ob es das Fernsehen nicht gäbe. Die Männer lesen Zeitung (14 %), die Frauen stricken (18 %) oder bügeln (10 %) und jeder fünfte Jugendliche (22 %) im Alter von 14 bis 17 Jahren macht beim Fernsehen regelmäßig Schularbeiten. Bereits beim Abendessen ist in jeder siebten Familie das Fernsehgerät eingeschaltet.
„Im gleichen Maße, wie die Einschaltquoten steigen, sinkt die Bedeutung des Fernsehens als Leitmedium des Freizeitverhaltens“ , so Prof. Dr. Horst W. Opaschowski, der Leiter des BAT Instituts. „Fernsehen bekommt Nebenbei-Funktion, weil die Konkurrenz anderer Freizeitbeschäftigungen immer größer wird und der persönliche Zeitdruck wächst.“ „Nur fernsehen“ gilt vielen schon als Zeitverschwendung. Man nutzt daher das Fernsehen zur Erledigung von Alltagstätigkeiten, um für die eigenen Freizeitinteressen mehr Zeit zu gewinnen. Es gibt lediglich eine Bevölkerungsgruppe, bei der die Freizeitbeschäftigung „Nur fernsehen“ nach wie vor stark ausgeprägt ist: Die Hälfte aller Ruheständler (49 %) hält an dieser Gewohnheit fest. Sie haben und nehmen sich Zeit dafür – ganz im Gegensatz etwa zu den streßgeplagten Selbständigen und Freiberuflern: Nur mehr ein Viertel von ihnen kann und will sich den Zeitluxus „Nur fernsehen“ leisten.
„Der Ereignischarakter des Fernsehens geht zunehmend verloren“, so Prof. Opaschowski. „Damit büßt das Fernsehen zwangsläufig auch seine Freizeitattraktivität ein.“ Fernsehen wird zum Zweit- oder Drittmedium.
Während der Fernseher läuft, ist man mit anderem beschäftigt. Die Analyse des BAT Instituts deckt auch eine Tatsache auf, die nachdenklich stimmt: Jeder achte Bundesbürger mit Kindern unter 14 Jahren (12 %) spielt mit seinen Kindern bei laufendem TV-Gerät.
Technische Daten der Befragung
Anzahl der Befragten: 2.000 Personen
Repräsentanz: Bundesgebiet und West-Berlin, Bevölkerung ab 14 Jahren
Zeitraum der Befragung: 22. bis 30. März 1990
Wortlaut der Frage:
Wie war das an Ihrem letzten Fernsehabend: Haben Sie da nur ferngesehen oder sich nebenbei auch mit anderen Dingen beschäftigt? (Antwortvorgaben)