Wer beeinflusst und inspiriert die Bürger – Familie und Freunde versus Social Media und Fernsehen
Chart der Woche, 2023-KW45
9. November 2023
Ergebnis
Die digitale Entwicklung hat zweifellos unserer Kommunikationswege erweitert sowie die Art und Weise, wie wir Informationen konsumieren und teilen, stark verändert. Entsprechend geben aktuell zwei von fünf Bundesbürger an, in ihrem Denken und Handeln von digitalen Medien besonders beeinflussen zu werden – bei den „klassischen Medien“ stimmt jeder Zweite dieser Aussage zu. Doch trotz des starken Einflusses von Twitter, Instagram und Facebook, von Online- und Offline Zeitungen, von Radio und Fernsehen, haben all diese Medien einen doch deutlich geringeren Einfluss auf die Bürger als deren persönliche Beziehungen. So fühlen sich vier von fünf Bundesbürgern von ihren Familienangehörigen inspiriert und motiviert. Fast ebenso hoch ist der Einfluss von Freunden, Bekannten und Nachbarn. Eine ähnliche hohe Einflussnahme haben lediglich noch Wissenschaftler und Experten, wohingegen Politiker eine nachgeordnete Rolle spielen und von nur jedem Vierten als Einflussquelle wahrgenommen werden.
Gründe
Das direkte soziale Umfeld bleibt – gerade in gefüllt unsicheren Zeiten – der Ort der Stabilität, der Unterstützung und des Vertrauens. Entsprechend dienen Verwandte und Freunde als Quelle der Inspiration und Motivation. Von ihnen erhalten die Bürger Anregungen, werden zu Veränderungen motiviert und zur Reflexion bewegt. Geschätzt wird das Gefühl der Vertrautheit und der Zusammengehörigkeit ebenso wie die Gewissheit auch bei Konflikten und Krisen auf Rat und Tat zählen zu können.
Anders als im persönlichen Umfeld kann der Einfluss von Experten auf deren berufliche Kompetenz zurückgeführt werden. Hier erhofft man sich Informationen, Hintergrundwissen und sachliche Ratschläge, um seine Perspektive zu erweitern und sein Verhalten möglicherweise zu verändern.
Die enge Bindung zum sozialen Umfeld und das Vertrauen in Experten steht im Gegensatz zu der gesuchten Nähe und dem gewünschten Vertrauen gegenüber Politikern. Hier fehlen die emotionale Bindung und die Glaubwürdigkeit – stattdessen werden mangelnde Alltagsnähe und Kommunikationsfähigkeit, Parteipolitik und Egoismus sowie fehlende Kompetenz und Standhaftigkeit wahrgenommen.
Digitale und traditionelle Medien haben sich im Laufe der Zeit zu mächtigen Einflussinstrumenten entwickelt, die jeden Bürger fast immer und überall erreichen. Dabei bieten sie zahlreiche Vorteile, wie den schnellen Zugriff auf eine breite Informationspalette, die Möglichkeit aktuelle Geschehnisse in Echtzeit zu verfolgen oder Plattformen, die verschiedene Perspektiven darstellen. Egal ob alte oder neue Medien, beide haben die Macht gesellschaftliche Diskurse zu beeinflussen und Bewegungen zu fördern. Entsprechend hoch ist ihr Einfluss auf die Bürger. Allerdings geht dieser auch mit Herausforderungen einher. Insbesondere die Informationsüberflutung und die Schwierigkeit, zwischen glaubwürdigen Quellen und Desinformation zu unterscheiden, erzeugen Misstrauen. Die Berichte über Fake News und manipulierte Informationen fördern die Skepsis gegenüber den Medien und deren Absichten.
Prognose
Die Hinwendung zu Familie und Freunden als Quelle für Denkanstöße und Motivation wird sich auch zukünftig halten. Insbesondere in Zeiten von immer komplexeren Herausforderungen bleiben sie ein vertrauter Ort der Stabilität und Anregung.
Die Distanz zur Politik wird sich kurzfristig nicht mindern und bedarf einer grundsätzlichen Neuorientierung. Neben der oft zitierten höheren Bürgerbeteiligung, transparenteren Kommunikation oder stärkerem Engagement bei den Alltagsfragen der Bürger, sollten vor allem Authentizität, Transparenz und Vertrauen im Mittelpunkt der Bemühungen stehen.
(Digitale-) Medien werden sich weiterhin mit dem Kampf gegen das Misstrauen ihrer Nutzer konfrontiert sehen. Um diesem zu begegnen müssen innovative Lösungen für mehr Glaubwürdigkeit und zur Bekämpfung von Desinformation entwickeln werden. Dabei werden Mechanismen wie verifizierte Informationsquellen oder verbesserte Transparenzmaßnahmen ein erster Schritt sein.